Nach Blechschaden: Beifahrer in den Knast

Speditions-Mitarbeiter (43) wegen angeblich abgesprochener Falschaussage als Zeuge vor Gericht verhaftet und die vierte Woche in U-Haft – seine Firma prangerte Vorgehen der Justiz an.
von  Abendzeitung

Speditions-Mitarbeiter (43) wegen angeblich abgesprochener Falschaussage als Zeuge vor Gericht verhaftet und die vierte Woche in U-Haft – seine Firma prangerte Vorgehen der Justiz an.

NÜRNBERG/LICHTENFELS Der Monteur Stephan S. (43) sitzt seit fast vier Wochen in U-Haft. Das Vergehen des bislang unbescholtenen Familienvaters und langjährigen Mitarbeiters einer Spedition: Er wollte angeblich mit einer abgesprochenen Falschaussage einen Kollegen vor der Verurteilung wegen Fahrerflucht bewahren. Die Nürnberger Justiz sperrte ihn wegen Verdunkelungsgefahr ein.

Seit 6. Oktober sitzt der Monteur in Nürnberger U-Haft, Ehefrau Elke (zwei Kinder, 9 und 11) stand zweimal vergeblich vor dem Gefängnistor, ehe sie ihn letzten Freitag sehen und sprechen durfte.

„Ich habe nichts bemerkt“

Völlig überzogen sei das Ganze wegen einer Bagatelle, empörte sich gestern nicht nur Harald Kober, Betriebsrats-Chef der internationalen Spedition Kraus & Papst in Lichtenfels. Die ganze Firma steht hinter dem Inhaftierten, der seit 1987 als Küchenmonteur dort arbeitet und seit 2002 Betriebsrat der 300 Mitarbeiter ist.

Das Gehalt von Stephan S. werde weitergezahlt, wurde gestern auf einer Pressekonferenz der Geschäftsleitung bekannt gegeben, die Gewerkschaft Verdi stellt den Anwalt.

Die Vorgeschichte: Am 17. April lieferte und montierte Stephan S. mit einem Kollegen eine Küche in Schwabach-Wolkersdorf. Dabei soll dieser als Fahrer des 7,5 Tonner-Lkws beim Einparken einen Opel Corsa seitlich gerammt und einen Meter weiter geschoben haben (Schaden: 2500 Euro).

„Ich habe nichts bemerkt“, erklärte der wegen Unfallflucht angeklagte Fahrer Anfang Oktober im Prozess vor dem Schwabacher Amtsgericht. Sein Beifahrer Stephan S. bot sich im Termin als Zeuge an. Und bestätigte, dass auch er den Anstoß nicht gehört oder gesehen habe. Wegen Falschaussage ließ ihn die Staatsanwältin verhaften und in Handschellen abführen.

„In Verkehrssachen wird oft gnadenlos gelogen“, stellte Justizpressesprecher Andreas Quentin fest. „Die Festnahme war nicht unverhältnismäßig, denn die Mindeststrafe wegen uneidlicher Falschaussage beträgt drei Monate und geht bis fünf Jahre.“ Auch sei bislang keine Haftprüfung beantragt worden. Wie es mit Stephan S. jetzt weitergeht, entscheide sich diese Woche. Im Prozess gegen den Lkw-Fahrer soll ein Gutachter noch Lacksplitter auswerten. cis

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