Mordprozess gegen Zahnärztin nach Gewaltausbruch in der Ehe

Eine Frau fühlt sich von ihrem Ehemann immer wieder gedemütigt und bedroht. Irgendwann eskaliert die Situation in einer Bluttat. War es Mord oder Notwehr?
dpa |
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Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa/Symbolbild
dpa Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa/Symbolbild

Regensburg (dpa/lby) - Im Prozess gegen eine Münchner Zahnärztin, die ihren Mann ermordet haben soll, hat am Mittwoch vor dem Landgericht Regensburg eine Psychiaterin ihr Gutachten vorgestellt. Daraus ergibt sich für den Zuhörer das Bild einer zunehmend schwierigen Ehe, die schließlich in einem Gewaltausbruch endete. Die angeklagte US-Amerikanerin beruft sich selbst auf Notwehr. Die Staatsanwaltschaft dagegen ist davon überzeugt, dass die 61-Jährige ihren Ehemann Ende 2018 in der gemeinsamen Villa in Laberweinting (Landkreis Straubing-Bogen) aus Habgier erdrosselt hat.

Tatwaffe war ein Folterwerkzeug, eine Garrotte. Der Gutachterin gegenüber sagte die Zahnärztin, sie habe den an zwei Griffen befestigten Draht zwischen Handtüchern im Schrank ihres Mannes gefunden und sei deswegen besorgt gewesen. Ihr Mann habe sich im Laufe des Jahres bereits zunehmend seltsam benommen, habe immer mehr Alkohol getrunken, im Haus randaliert und zeitweise nicht mehr mit ihr gesprochen. Das Paar habe sich bereits probeweise getrennt gehabt, aber noch unter einem Dach gelebt.

Während sie mit ihrer Praxis das Geld verdient habe, sei es seine Haupt- und Lieblingsaufgabe gewesen, gesellig zu sein, auf Partys zu gehen und zu Partys einzuladen. Das habe sie nicht gestört, so die Zahnärztin, die aus erster Ehe zwei erwachsene Töchter hat. Anfang 2019 habe sie eine Kur im Bayerischen Wald gemacht, um abzunehmen und ihr Leben zu reflektieren. Anschließend habe sie sich stärker und selbstbewusster gefühlt, womit ihr Mann schwer habe umgehen können. Ihr aber habe es nicht mehr gepasst, "seine Cheerleaderin" spielen zu müssen. Er habe ständig bewundert werden wollen.

Eines Abends habe sie die Garrotte genommen und ihren Mann in dessen Schlafzimmer gefragt, was das sein solle. Daraufhin habe er ihr die Garrotte abgenommen, gesagt "Ich zeige es Dir" und den Draht um ihren Kopf gelegt. Daraufhin sei es zum Kampf gekommen, sie habe sich gewehrt und schließlich den Draht ihm um den Hals legen können und zugezogen. Anschließend habe sie Euphorie verspürt, weil sie den Kampf gewonnen habe. Der Gutachterin sagte sie später: "Ich schäme mich für alles."

Die Angeklagte habe betont, die Tat alleine begangen zu haben. Ihr Gärtner und dessen Frau hätten damit nichts zu tun. Gegen die beiden laufen laut Staatsanwaltschaft Ermittlungen, weil sie im Verdacht stehen, an der Tat oder dem Abtransport der Leiche beteiligt gewesen zu sein. Der Tote wurde in einem Wald in Tschechien gefunden - nackt und ohne Zähne, was die Identifizierung erschwerte. Die Nummerierung des künstlichen Hüftgelenkes des Opfers brachte die Ermittler letztlich auf die Spur.

Vor dem Landgericht wurde am Mittwoch zudem die Auswertung der Daten von Handy, Navigationssystem und Internet-Suchen behandelt. Hierzu sagten ein Polizist und ein Techniker des Landeskriminalamtes aus. Demnach sei das Handy des Opfers im fraglichen Zeitraum im tschechischen Mobilfunknetz eingeloggt gewesen. Aus den GPS-Daten lässt sich dem LKA-Experten zufolge nicht sicher sagen, wann das Auto des Paares wo gewesen sei.

Im Internet hatte die Angeklagte den Ermittlungen nach Texte mit Titeln gesucht wie "Die zehn entsetzlichsten Hinrichtungsmethoden der Geschichte", "Finanzielle Folgen einer Scheidung", "Männer in Beziehungen verstehen" sowie "Mit 60 nochmal durchstarten". Der Anklage nach tötete die Zahnärztin ihren Mann, um ihm gegenüber im Fall einer Scheidung keine finanziellen Verpflichtungen zu haben.

Der Prozess soll am 15. Mai fortgesetzt werden.

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