Mordprozess gegen Knecht: Seine Mutter bricht zusammen
Stefan E. soll seine Chefin mit einem schweren Ast erschlagen haben, um an den Hof von Gerlinde G. zu kommen. Der 25-Jährige bestreitet die Tat. Doch die Indizien sprechen gegen den Mann
NÜRNBERG Er versteckt sich vor den Fotografen hinter einer Zeitung. Da nähert sich seine Mutter, umarmt Stefan E. (25) unter Tränen. Einen Mord soll ihr schmächtiger Bub mit den langen, dunklen Locken begangen haben. Aus Habgier erschlug er seine Chefin mit einem Ast, um an ihren Bauernhof zu kommen – davon ist jedenfalls der Staatsanwalt überzeugt. Doch der „Knecht“, ein gelernter Landwirt, bestreitet über seinen Verteidiger Norman Jacob die Tat.
„Es war ein tragischer Unfall, den der Angeklagte sehr bedauert“, trug der Anwalt am Donnerstag am Nürnberger Schwurgericht vor. Eingeräumt wird nur, dass Stefan E. Verträge fälschte, die ihn als Pächter und späteren Erben des Hofs bei Uffenheim (Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) einsetzen.
Doch für Staatsanwalt Michael Schrotberger ist genau das auch das Motiv für den Mord. Weil Landwirtin Gerlinde G. (50) ihren Helfer eben nicht als Pächter für das vom Vater übernommene, stattliche Anwesen (44 Hektar Getreideacker, fünf Hektar Mischwald, Pferde und Ferienwohnungen) haben wollte. Zu verstockt und wortkarg sei er ihr gewesen, habe sich schon nach einem Jahr als Knecht wie der Herr am Hof aufgeführt.
Dass sie ihn weder als Pächter noch als Gehilfen haben wollte, soll ihm Gerlinde G. am 9. Januar 2009 beim Mittagessen gesagt haben. Zwei Stunden später war sie tot. Ein kleines Stück Eichenrinde (zwei mal drei Zentimeter), die in ihrem blutigen Schädel steckte, soll beweisen, dass Stefan E. der Täter war.
"Der wird nie den Hof bekommen"
Er hatte nach dem Gespräch eine 21 Meter hohe Eiche in ihrem Wald gefällt. Die Bäuerin kam später dazu. Von hinten soll ihr der Angeklagte mit einem gut 40 Kilo schweren Ast den Schädel eingeschlagen haben. Dann rief er selbst die Polizei, erklärte: „Meine Chefin hat einen Ast auf den Kopf abgekriegt.“ Als der Notarzt eintraf, machte der Knecht gerade heulend Wiederbelebungsversuche mit Herzdruckmassage.
Und verwickelte sich bei ersten Vernehmungen in Widersprüche. Die gefällte Eiche habe sich in einer Pappel verfangen. Von der sei ein Ast auf die Chefin gefallen, behauptete er. Doch an der Stelle, wo die Frau lag, gab es keine Blutspuren im Schnee. Die tödlichen Verletzungen erlitt sie ein paar Meter weiter – nahe der gefällten Eiche. Fünf Tage danach wurde Stefan E. festgenommen, weil Gerlinde G.s Unterschrift unter den gefundenen Pachtverträgen als Fälschung entlarvt wurden.
Sechs Monate später hatte ein Experte die Herkunft des Rindenschnipsels im Kopf des Opfers entschlüsselt. Er stammte laut DNA-Analyse von der gefällten Eiche, nicht von der Pappel. Bringt das Rindenstück Stefan E. lebenslang hinter Gitter? Weitere Indizien, über 40 Zeugen und zwölf Gutachter sollen den Mordvorwurf untermauern.
So fand man Tagebuch-Notizen der Bäuerin über das Verhalten ihres Knechts. Auch hatte sie Freundinnen erzählt, „dass der nie den Hof bekommen wird“. Den führt jetzt ihre Schwester weiter.
„Es ist ein schöner Hof“, sagt eine Zuhörerin. „Mit Kneipp-Brunnen, die Gerlinde war ja etwas alternativ.“ Die Bänke im Gerichtssaal sind vollbesetzt mit Bekannten und Verwandten des Opfers. Die Mutter des Angeklagten kauert abseits am Rand. Ihr Sohn dreht sich nicht ein einziges Mal um, vermeidet jeglichen Blickkontakt.
Am Montag kommt der Baumgutachter in dem sechstägigen Prozess zu Wort. cis
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