Morddrohung gegen Garmischer Olympia-Gegner
GARMISCH-PARTENKIRCHEN - In einem anonymen Schreiben werden führende Gegner von München 2018 mit dem Tod bedroht. Bewerbungschef Willy Bogner ist bestürzt: „Olympia ist eine Friedensbewegung!“
Die Bewerbung Münchens für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2018 firmiert mit dem Slogan „Freunde gewinnen“. Doch mit der in letzter Zeit kontrovers diskutierten Bewerbung kann man sich auch Feinde machen. Sogar Todfeinde.
In einer erschreckenden Eskalation der Streitigkeiten der letzten Monate (siehe Text unten) sind nun Morddrohungen ergangen an die führenden Olympiagegner, Axel Doering, den Vorsitzenden des Bundes Naturschutzes (BN) in Garmisch Partenkirchen, und Andreas Keller, der zusammen mit Doering den Vorstand der BN-Kreisgruppe Garmisch Partenkirchen bildet.
Am Montag ging das anonyme Schreiben, das etwa eine halbe DIN-A4-Seite umfasst und mit Computer geschrieben wurde, bei der Privatadresse Kellers ein. In dem Schreiben werden Keller, Doering und ein Herr Schumann mit der Anwendung von Waffengewalt bedroht. „Ich bin sehr betroffen, wie ein Mensch so etwas tun kann. Gut informiert scheint er auch nicht zu sein, denn es gibt bei uns keinen Schumann, nur einen Hartmann“, sagt SPD-Kreisrat Doering der AZ, „das Ganze ist zudem in einem wirren Deutsch verfasst. Er spricht von uns ,Blödstudierten’. Wenn aber einer blöd schon mit p schreibt, sagt das viel über das Niveau des Autoren aus.“
Doch in den Schreiben sind auch sehr deutliche Drohungen enthalten. „Das stimmt“, sagt Doering der AZ, „uns wird angedroht, dass er uns im Falle eines erfolgreichen Abschlusses des Bürgerbegehrens seine Fähigkeiten im Scharfschuss präsentieren werde.“ Keller hat das Schreiben der Polizei übergeben, die nun ermittelt.
Diese Eskalation hat auch bei den Olympiabefürwortern für Bestürzung gesorgt. „Wir distanzieren uns in aller Form und aufs Allerschärfste von dieser Aktion. Wir sind selber erschüttert. Olympia ist eine Friedensbewegung. Wer immer das getan hat, hat mit unserer Idee nichts zu tun“, sagt Willy Bogner, Chef der Münchner Olympia-Bewerbung. Doch gleichzeitig kann – und vor allem will – der 68-Jährige nicht glauben, dass das Schreiben wirklich von einem Olympiabefürworter stammt: „Ich halte es für fragwürdig, wenn Olympia mit diesen Schreiben gleich in Zusammenhang gebracht wird. Vielleicht hat es ganz andere Hintergründe, etwa persönliche. Wenn einer unsere Idee von Olympia benutzt, um persönlich was abzurechnen, dann ist das eine Sauerei.“
Doering ist ein streitbarer Mann. Als Mitte der 80er Jahre Garmisch sich (ohne Partenkirchen) um die Ausrichtung von Olympia bewarb, machte er schon mobil. Auch damals erhielt er Morddrohungen. „Das ist nicht das erste Mal, dass ich bedroht werde“, sagt Doering der AZ. Auch als es darum ging, die Trasse im Krammertunnel zu verhindern, war Doering an vorderster Aktivistenfront. Trotzdem ist der Förster, der das Anti-Olympiabegehren „spätestens im Herbst“ durchziehen will, sicher, dass dieses Schreiben aus dem Kreise der Olympiabefürworter stammt. „In dem Brief steht, dass wir im Falle eines erfolgreichen Abschlusses des Bürgerbegehrens die Schießkünste des Herren erleben würde. Beim Kramer-Tunnel haben wir leider verloren, da kann es keinen erfolgreichen Abschluss mehr geben. Ich bin sicher, der Quatschkopf, der das gemacht hat, hat mit Olympia zu tun.“
Das Schreiben ist der traurige Höhepunkt einer Spirale an Entgleisungen, die es zuletzt im Garmischer Raum gab. Bei einer der Grundstückseigentümerinnen, die sich weigern, ihr Land für Olympia zur Verfügung zu stellen, wurde in ihrem Wagen eine Scheibe eingeschlagen, die Maskottchen für die Ski-WM 2011, die in Garmisch-Partenkirchen stattfinden wird, wurden von Olympiafeinden mit Parolen und Hitlerbärtchen verunstaltet. Nun also auch noch Morddrohungen in der Idylle.
Matthias Kerber