Mord an Franziska: Die grausamen Details
Der grausame Tod der zwölfjährigen Franziska bewegte vor einem Jahr die Menschen weit über die Region Ingolstadt hinaus. Nun muss sich ein 27-Jähriger vor Gericht verantworten. Es geht um Mord, Geiselnahme, Vergewaltigung und schweren Missbrauch. Der erste Prozesstag.
Ingolstadt - Die Ausführungen des Staatsanwalts sind kaum zu ertragen: In sachlichen Worten schildert der Jurist das qualvolle Sterben der zwölfjährigen Franziska O. aus Möckenlohe im Kreis Eichstätt. Er spricht von Mord, von schwerem sexuellen Kindes-Missbrauch, von Vergewaltigung, von Geiselnahme und Bedrohung. Für die Zuschauer sind die Schilderungen des Anklägers ein Schock. In Saal 11 des Ingolstädter Landgerichts herrscht fassungsloses Schweigen.
Bloß einer zeigt keine Regung, knetet nur die verschränkten Hände und säubert anschließend den Daumennagel mit den Zähnen - Stefan B., der Angeklagte. Das Verfahren gegen den 27-Jährigen sollte eigentlich schon vor drei Wochen beginnen. Es musste verschoben werden, weil ein Mithäftling in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Kaisheim Stefan B. mit 17 Stichen verletzt hatte. Kinder-Mörder stehen in der Gefängnis-Hierarchie ganz unten.
Auch der Prozess-Auftakt am Montag verlief anders als geplant – und endete bereits nach wenigen Minuten. Denn nach dem Angriff in der JVA waren mehrere Insassen von der Polizei vernommen worden. Dabei sollen sie Angaben zu den Taten gemacht haben, die dem Angeklagten vorgeworfen werden. B.s Münchner Anwalt Adam Ahmed will sich diese Aussagen nun genauer ansehen, bevor sein Mandat sich am 25. Februar voraussichtlich zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft äußert.
Ein Total-Versager
Stefan B. ist ein bulliger Typ. Er trägt eine Brille und einen flusigen "Ziegenbart". Vor Gericht erscheint er in dunkler Hose und schwarzer Kapuzenjacke. Der massige Mann aus Neuburg ist wohl das, was man einen Total-Versager nennt: Eine Bäcker-Lehre hat er abgebrochen, er war jahrelang arbeitslos und lebte bis zu seiner Festnahme in einem Männerwohnheim. Er hatte Kontakt zur rechtsradikalen Szene, garnierte sein Facebook-Profil mit gewaltverherrlichenden bluttriefenden Bildern und war bereits mehrmals in Haft, zuletzt im Jahr 2013. Auf sein Konto gehen Schlägereien, Diebstähle, Tankbetrug, Fahren ohne Führerschein – und die Verbreitung von Kinderpornografie.
Was ihm nun zur Last gelegt wird, wiegt noch schwerer: Bereits 2013 soll Stefan B. eine 23-Jährige vergewaltigt und eine Zwölfjährige im Internet belästigt haben. Anfang Februar 2014, nur zehn Tage vor dem Mord an Franziska, soll er sich in seinem Auto schon einmal an einer 13-Jährigen vergangen haben. Laut Anklageschrift ließ er nur deshalb von dem Kind ab, weil ein Passant an die Fahrzeugscheibe klopfte. Anschließend drohte er der Schülerin, ihren Angehörigen würde etwas zustoßen, sollte sie jemandem erzählen, was passiert sei. Offenbar vom Erfolg der Einschüchterung überzeugt, schickte er dem Mädchen noch mindestens zwei Nachrichten über "Whatsapp", in denen er es zum Geschlechtsverkehr und zu "blowjobs" aufforderte.
Der 15. Februar 2014
Am Nachmittag des 15. Februar 2014 lauerte Stefan B. der kleinen Franziska auf. Die Realschülerin hatte an einer Skate-Anlage im Nachbarort Nassenfels Freunde getroffen und war mit dem Fahrrad auf dem Heimweg nach Möckenlohe. Auf einer Hügelkuppe bremste B. das Mädchen mit seinem grünen Toyota Paseo aus, zerrte es vom Rad und in den Wagen. Am Rathei-Weiher in Neuburg vergewaltigte er das Kind laut Anklage brutal und fügte ihm schwere Verletzungen am Unterleib zu. Er würgte Franziska mit aller Kraft und erschlug sie schließlich mit einem Holzscheit.
Einen Tag später wurde Stefan B. festgenommen und gestand den Mord. Als Franziskas schreckliches Martyrium bekannt wurde, drohte ihr Halbbruder, den Mörder umzubringen. Der Prozess-Auftakt fand deshalb unter enormen Sicherheitsvorkehrungen statt: Beobachter wie Reporter wurden durchleuchtet, abgetastet und durchsucht, bevor sie den Verhandlungssaal betreten durften. Der Halbbruder war dann doch unter den Zuschauern – und vollkommen unauffällig. Nach einem "eindringlichen Gespräch" habe er sich von seinen Drohungen distanziert, so Richter Jochen Bösl. Die Eltern des ermordeten Mädchens ließen sich als Nebenkläger von ihrer Anwältin vertreten.
Am Sonntag jährt sich der Tod ihrer Tochter zum ersten Mal.