Mörder wirft sich vor ICE

600 Passagiere vier Stunden im Tunnel gefangen – sie wollten nach München. Der Mann der sich vor den Zug geworfen hatte, hatte seine Frau getötet - und zerstückelt.
von  Abendzeitung
Die zerstückelte Leiche wurde im Erlabrunner Badesee gefunden
Die zerstückelte Leiche wurde im Erlabrunner Badesee gefunden © dpa

WÜRZBURG - 600 Passagiere vier Stunden im Tunnel gefangen – sie wollten nach München. Der Mann der sich vor den Zug geworfen hatte, hatte seine Frau getötet - und zerstückelt.

Ein mutmaßlicher Frauenmörder hat sich am Montag vor den ICE von Hamburg nach München geworfen. Die mehr als 600 Passagiere mussten nach einem abrupten Bremsmanöver vier Stunden im finsteren Neuberg-Tunnel bei Würzburg aushalten. Nach AZ-Informationen steht der Fund einer Frauenleiche in Verbindung mit dem Selbstmord – dahinter steckt ein Familiendrama um käufliche Liebe und verletzte Ehre.

Am Sonntagnachmittag machte ein Angler im unterfränkischen Erlabrunn eine grauenhafte Entdeckung: Im Badeweiher trieben Leichenteile. Am Montag startete die Polizei eine große Suche, fand dabei auch den Torso. Da war klar: Das Mordopfer ist eine Frau. Dann überschlugen sich die Ereignisse: Noch während der Bergung musste ein ICE-Lokführer nur wenige Kilometer vom Weiher entfernt die Notbremse ziehen – ein Mann hatte sich aufs Gleis gestellt. Obwohl der Mann bis Montagabend noch nicht zweifelsfrei identifiziert war, ist davon auszugehen, dass es sich um den Ehemann der Toten handelt.

Die Polizei konnte oder wollte das am Montag nicht bestätigen, die Identifizierung gestalte sich sehr schwierig. Doch Nachbarn und Freunde des Ehepaares reagierten da schon schockiert auf die Nachricht, die sich wie ein Lauffeuer verbreitete: Jens K. ließ sich vom Zug überrollen.

Lilija K. und Jens K., beide um die 30 Jahre alt, lebten zusammen in Hettstadt, einem Ort in Landkreis Würzburg. Er war Offizier bei der Bundeswehr, sie hatten einen gemeinsamen Sohn (8), sie war Hausfrau – zumindest nach außen. Doch die Frau soll ein Doppelleben geführt haben: Sie schaffte im Haus d’Amour in Würzburg an, wie ein Insider dort erzählt.

Nur: Davon wusste Jens K. nichts. Als er es erfuhr, brach für ihn eine Welt zusammen. „Er ist damit nicht klargekommen“, sagt eine Vertraute der Familie zur AZ. Erst kurz vorher war er mit Frau – sie stammt aus Russland – und Kind von Dresden nach Franken gezogen. Die Tuschelei der Nachbarn, die Vorstellung, seine Frau verkaufe ihren Körper – er ertrug es wohl nicht.

Die Polizei ist bei der Ermittlung noch am Anfang, auch muss das Obduktionsergebnis der Frau abgewartet werden. Bislang kann noch keiner sagen, wie sie ums Leben kam – und wo. Um den Sohn soll sich nach Aussage der Nachbarn das Jugendamt kümmern.

In diese Tragödie wurden am Montag um 9.30 Uhr auch noch 600 ICE-Passagiere hineingerissen. Trotz Notbremse kam der Zug – er fuhr mit Tempo 250 – erst nach etlichen Metern in einem Tunnel zum Stehen. Zu spät für den Mann, der sich auf die Schiene gestellt hatte. Der Lokführer erlitt einen schweren Schock. Die Passagiere des aus Hamburg kommenden ICE 783 blieben unverletzt. Nach vier Stunden konnten sie in einen Ersatzzug umsteigen. Die Strecke blieb lange gesperrt – die Züge von Hamburg kamen in München mit mindestens 15 Minuten Verspätung an. Susanne Will

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