Mögliche Welten voller Hingucker
NÜRNBERG - Schau mit Déjà-vus: Das „Prinzip Morandini“ im Neuen Museum Nürnberg beeindruckt mit zeitloser Eleganz.
Ein lebender Klassiker ist dieser Marcello Morandini und deshalb das Déjà-vu ständiger Begleiter der Neue-Museums-Schau: Beim Kunstobjekte, Design und Architektur verschmelzenden Rundgang durch das „Prinzip Morandini“ fällt eine zeitliche Bestimmung vieler Werke schwer. Denn wenn es um aktuelle Projekte geht, wildert Morandini in guter barocker Komponistentradition gerne im eigenen Archiv. So entwickelte er aus den „Architektonischen Strukturen“ von 1971 einen Gebäudeentwurf von 2008 — und im Neuen Museum schlägt sich der Bogen spielend.
Möglich wird dieses Verfahren, weil Morandini auf klassisch-modernem Boden die geometrischen Grundformen durchdekliniert. Einfache Bewegungen verwandeln einen Kubus oder eine Kugel in harmonische Muster oder handschmeichelnde Objekte.
Der Drang seiner zweidimensionalen Entwürfe ins Räumliche erinnert an Populärkünstler wie M.C. Escher und bleibt doch auf dem Boden der möglichen Welten. Wie das schräge, schwarzweiße Kaffeeservice, das Philip Rosenthal orderte und an Bauhausentwürfe wie an die Porzellandesigns Malewitschs erinnert. Es steht auf einer multifunktionalen weißen Anrichte, so schlicht, dass sie in jeden Wohnraum passte. Ein Hingucker sind auch die das Knittern vorfühlenden Textilentwürfe und seine op-artigen Tafelbilder. Die streng gerasterte Ausstellungsarchitektur trägt Morandinis elegante Handschrift ebenso wie der Katalog (während der Ausstellung nur 15 Euro).
1940 in Italien geboren, studierte Morandini bildende Kunst. Seine abstrakten Kompositionen katapultierten ihn früh auf die Biennalen in São Paulo und Venedig, 1977 auf die documenta 6. Und nun nach Nürnberg, wo er dem Ausstellungsprogramm des Neuen Museums schwungvoll Kontur verleiht. Georg Kasch
Neues Museum (Klarissenplatz): bis 1. Juni, Di-Fr 10-20 Uhr, Sa/So 10-18 Uhr.
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