"Mobiler Dorfladen": Tante Emma kommt auf Rädern

In der Oberpfalz startet bald der "mobile Dorfladen". Wie der rollende Markt funktioniert.
von  Rosemarie Vielreicher
FRÜHER: Wie gern ist man schon als Kind in den bunten Tante-Emma-Laden marschiert.
FRÜHER: Wie gern ist man schon als Kind in den bunten Tante-Emma-Laden marschiert.

Regensburg - Ländlicher Raum, Oberpfalz, Landkreis Tirschenreuth. Hier liegt Reuth. Eine kleine Gemeinde mit nicht mal 1.200 Einwohnern, dafür aber 16 Ortschaften. Fleckerlteppich.

Einfach mal schnell einkaufen? Wer aus der Provinz ist, weiß: Schnell und einfach geht da nix. Das ist auch in der Gemeinde Reuth so. "In den zwei Hauptorten haben wir schon noch eine Metzgerei und eine Bäckerei, aber dann hört es auch schon auf", sagt Bürgermeister Werner Prucker zur AZ.

Obst, Gemüse, Klopapier? Immer muss man mit dem Auto zum Beispiel nach Erbendorf kutschieren. Bis jetzt. Denn die Oberpfälzer Gemeinde gehört zur Steinwald-Allianz, einem Zusammenschluss von 16 Kommunen, die das Pilotprojekt "Mobiler Dorfladen" startet. Gefördert wird das vom Bayerischen Wirtschaftsministerium.

Schon Anfang August geht es los. Dann wird ein umgebauter Lastwagen auf drei Routen durch 26 Ortschaften der Steinwald-Allianz fahren und von Fleisch bis Zahnpasta alles dabei haben. Tante Emma auf vier Rädern.

Die Verkaufsfläche von 17 Quadratmetern ist begehbar und das Mobil werde rund "200 Produkte an Bord" haben, erzählt Prucker. Es gebe Fleisch und Fisch - beides tiefgefroren-, Kartoffeln, Äpfel, ... - weil das Angebot so breit ist, kürzt Prucker seine Auflistung ab: "Was man fürs tägliche Leben braucht, erwischt man da immer." Und sogar Bargeld kann man in dem Fahrzeug abheben - aber nur bis zu 200 Euro und auch nur, wenn man für mindestens zehn Euro eingekauft hat.

Zweimal die Woche wird der mobile Dorfladen an festgelegte Haltestellen fahren und 30 Minuten lang bereitstehen. Entweder man hat im Vorfeld via App und Online-Shop (www.steinwald.dorfladen.de) Semmeln, Fleisch, Obst, Gemüse und mehr bestellt - oder man ist eben Laufkundschaft. Das dürfte vor allem älteren Einwohnern helfen, die mit Apps und Online-Bestellungen bislang weniger zu tun haben dürften. Aber auch dafür hat das Projekt schon Abhilfe: Es soll spezielle Schulungen für PC- und Internet-Einsteiger geben.

Mehr als 500 bayerische Gemeinden ohne Lebensmittelgeschäft

Der mobile Dorfladen sei erst einmal auf zwei Jahre festgelegt, so Prucker. Und er hofft schon jetzt auf eine Verlängerung. "Der Sinn und Zweck ist, dass man nicht fahren muss, sondern den Einkauf vor Ort erledigen kann." Und auch der Gedanke "aus der Region für die Region" steht laut dem Bürgermeister im Fokus. Biobauern aus den Ortschaften werden ihre Produkte anbieten. Ob er selbst auch dort einkaufen wird? "Natürlich!"

Schon seit April 2017 tüftelt die Steinwald-Allianz zusammen mit dem Frauenhofer Institut an der Idee. Es wurden Umfragen durchgeführt und der Bedarf ermittelt. Die Motivation: "dem Rückzugstrend des Einzelhandels entgegenwirken, die Lebensqualität in den kleinen Ortschaften fördern und regionale Kreisläufe fördern", schreibt die Steinwald-Allianz, die sich auch staatlich anerkannte Öko-Modellregion nennen darf. Kürzlich war auch Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer hier: "Die Digitalisierung kann auch ganz konkret den Alltag verbessern, wie der neue Dorfladen zeigt. Für mich ist deshalb klar: Die Digitalisierung hilft uns auch bei der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse."

Das ist auch nötig: In mehr als 500 Gemeinden in Bayern gibt es schon keine Lebensmittelgeschäfte mehr.

FRÜHER: Wie gern ist man schon als Kind in den bunten Tante-Emma-Laden marschiert.
FRÜHER: Wie gern ist man schon als Kind in den bunten Tante-Emma-Laden marschiert.
FRÜHER: Wie gern ist man schon als Kind in den bunten Tante-Emma-Laden marschiert. Foto: dpa

 

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