Missbrauchsfall wirft erneut Schlaglicht auf Polizei

Binnen weniger Tage geraten gleich zwei Mal Polizisten ins Visier der Staatsanwaltschaft. Zwar haben die Fälle nichts miteinander zu tun. Doch die Vorwürfe treffen zentrale Themen der Gesellschaft: Es geht um sexuellen Missbrauch und Rechtsextremismus.
dpa |
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München (dpa/lby) - Nach dem Münchner Polizeiskandal um mutmaßlich antisemitische Videos gibt es bei der Polizei nun Aufregung um einen Missbrauchsfall. Ein Polizist aus dem Münchner Umland sitzt wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen in Untersuchungshaft, wie das bayerische Landeskriminalamt (LKA) am Dienstag mitteilte. Die Ermittler gehen von mindestens zwei Vorfällen sowie von einem Fall der Verbreitung pornografischer Schriften aus.

Ins Rollen gekommen waren die Ermittlungen um sexuellen Missbrauch in der zweiten Februarhälfte durch eine Anzeige, die einen Fall vor wahrscheinlich mehr als 15 Jahren betraf. Fast zeitgleich habe sich laut LKA ein Vater an die Polizei gewandt: Sein Sohn habe während eines Schülerpraktikums bei der Polizei einen Beamten kennengelernt, der dem Sohn nach dem Praktikum pornografische Fotos und Filme geschickt haben soll. Der Beamte war dem Vernehmen nach über Jahrzehnte im Polizeidienst tätig.

Im Zuge der aktuellen Ermittlungen sind weitere jugendliche Opfer bekanntgeworden, wie es hieß. Es sei nicht auszuschließen, dass sich die Zahl der Opfer noch erhöhen werde. Der Mann war am vergangenen Donnerstag festgenommen worden, seine Wohnung wurde durchsucht. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft München II erging tags darauf Haftbefehl. Das Polizeipräsidium Oberbayern Nord suspendierte den Mann vom Dienst.

Erst am Freitag war in einem anderen Fall bekanntgeworden, dass die Staatsanwaltschaft München I gegen mehrere Polizeibeamte wegen eventuell strafbarer Inhalte in einer internen Chat-Gruppe ermittelt. Eine Verbindung zu dem mutmaßlichen Missbrauchsfall gibt es den Angaben zufolge nicht. Unter anderem geht es um zwei möglicherweise antisemitische Videos. Außerdem wurde ein Foto von einer Hakenkreuzschmiererei gefunden. Die Anklagebehörde prüft eine strafrechtliche Relevanz - und welche Konsequenzen den Beteiligten drohen könnten.

Sechs Beamte wurden vom Dienst suspendiert: einer vom LKA, vier Beamte des Unterstützungskommandos München, ein Beamter des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Weitere Polizisten wurden gegen ihren Willen in andere Einheiten versetzt. Entdeckt wurden die Fotos und Videos auf dem privaten Handy eines Polizisten - wiederum bei Ermittlungen gegen einen LKA-Beamten wegen eines möglichen Sexualdelikts.

Der Sprecher der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bayern, Rainer Nachtigall, warnte davor, die beiden Fälle in einen Topf zu werfen. In dem zuletzt bekanntgewordenen Missbrauchsfall gebe es offenbar genügend Indizien, dass ein Richter eine Untersuchungshaft angeordnet hat, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der Antisemitismusverdacht bei der Münchner Polizei werde hingegen noch geprüft.

Zudem wies er strukturelle Probleme bei der Polizei zurück. "Das sind Einzelfälle und Einzelpersonen, die die Polizei in Gänze in die Kritik bringen", sagte Nachtigall. "Es gibt Gott sei Dank viele Hunderte, Tausende, die vernünftig sind."

Dass ausgerechnet bei der Polizei derart schwerwiegende Vorwürfe aufkommen, nannte Nachtigall ärgerlich. "Ich bin kein Freund davon, zu sagen: "die Polizei ist der Spiegel der Gesellschaft"", sagte er. Die Polizei sei bemüht, die richtigen Leute für den Job zu finden und diese gut auszubilden. "Aber unter dem Strich stecken in der Uniform auch Menschen mit all ihren Fehlern", sagte der Gewerkschaftssprecher.

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