Missbrauch: Bamberger Arzt will sich äußern

Hat er junge Frauen betäubt und sie sexuell missbraucht? Die Vorwürfe gegen einen ehemals renommierten Mediziner wiegen schwer. Zum Prozessauftakt lässt der Arzt die Vorwürfe zurückweisen, seine Verteidiger sprechen von Vorverurteilung.
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Der Angeklagte im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts Bamberg am Dienstag. Er weist sämtliche Vorwürfe zurück.
dpa Der Angeklagte im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts Bamberg am Dienstag. Er weist sämtliche Vorwürfe zurück.

Bamberg - Als Chefarzt soll er im Klinikum Bamberg Patientinnen und Mitarbeiterinnen ruhiggestellt und sexuell missbraucht haben - seit Dienstag steht der Mediziner deshalb vor Gericht. Zum Auftakt seines Prozesses vor dem Landgericht Bamberg wies der ehemalige Chefarzt den Vorwurf zurück, Patientinnen sexuell missbraucht zu haben. Der 49-Jährige kündigte über seinen Anwalt an, in dem Prozess ausführlich Stellung nehmen zu wollen. "Er wird der Wucht der erhobenen Vorwürfe entgegentreten", teilte Verteidiger Klaus Bernsmann am Dienstag mit.

Unschuldsvermutung missachtet?

Seine Verteidiger sprachen zum Prozessauftakt von Vorverurteilungen. Die Unschuldsvermutung sei vielfach grob missachtet worden, unter anderem dadurch, dass die Staatsanwaltschaft mit den Vorwürfen im Sommer 2014 früh an die Öffentlichkeit gegangen sei. Anwalt Bernsmann fragte: "Warum wird nicht abgewartet, bis ein rechtskräftiges Urteil gefallen ist?"

Der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt (M) mit den Beisitzenden Richtern Martin Barnickel (r) und Ralf Schmidt

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Der Vorwurf

Die Anklagebehörde ist überzeugt davon, dass der Spezialist für Gefäßchirurgie junge Frauen mit Artzney ruhiggestellt hatte, um sich sexuell an ihnen zu vergehen. Die arglosen Frauen habe er in den frühen Abendstunden oder an Sonn- und Feiertagen zu zusätzlichen Untersuchungen oder zur Teilnahme an einer angeblichen Studie gebeten, damit er ungestört gewesen sei.

Er habe behauptet, ein Kontrastmittel für die Ultraschalluntersuchung zu spritzen, doch keines der in dem Untersuchungsraum vorhandenen Geräte sei für diese Methode geeignet gewesen. Vielmehr habe er den Frauen heimlich ein Betäubungsmedikament verabreicht, um sie wehrlos zu machen. Unter anderem habe er dann Sexspielzeug eingeführt und Fotos und Videos vom Intimbereich der Frauen angefertigt. Die Frauen hätten nichts von den mit dem Betäubungsmittel verbundenen Risiken und Folgen gewusst und seien teilweise unter Medikamenteneinfluss Auto gefahren.

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Studentin brachte Fall ans Licht

Zwölf mutmaßliche Opfer treten als Nebenklägerinnen auf. Vier von ihnen waren zum Prozessauftakt dabei - darunter eine Medizinstudentin, die im vergangenen Sommer die Ermittlungen ins Rollen gebracht hatte. Unter dem Vorwand einer Studie, die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nie existierte, soll der Arzt sie missbraucht haben. Die Studentin wurde wegen ihrer Erinnerungslücken stutzig und ließ ihr Blut untersuchen. Dabei wurde das betäubende Artzney nachgewiesen.

Das jüngste mutmaßliche Opfer war zum Tatzeitpunkt laut Anklage 17 Jahre alt. Sie war im Klinikum behandelt worden, der damalige Chefarzt soll sich bei einer angeblichen Untersuchung an ihr vergangen haben.

Angeklagter war hoch angesehener Arzt

Der angeklagte Mediziner, der seit Ende August 2014 in Untersuchungshaft sitzt, äußerte sich zum Prozessauftakt zunächst zu seinem Lebenslauf und seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit. Seit 2005 war er Chefarzt für Gefäßchirurgie am Bamberger Klinikum, die Abteilung sei unter seiner Führung ausgebaut worden und hoch angesehen gewesen. Konkret zu den Vorwürfen nahm er noch nicht Stellung. Er sei aber dabei, detaillierte Erklärungen vorzubereiten, erläuterte er.

Seine Verteidiger deuteten indes an, welche Strategie sie und ihr Mandat verfolgen: Sei es denn auszuschließen, dass der Arzt neue und ungewöhnliche Untersuchungs- und Behandlungswege gesucht habe, hieß es in einer Erklärung der Anwälte. Der Prozess wird am kommenden Dienstag (14. April) fortgesetzt.

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