Mildere Strafen im Prozess um Gaststätten-Explosion
Nach der Neuauflage des „Klösterle“-Prozesses erhalten die Wirtin und ihr Hilfskoch geringere Strafen. Sie hatten die Gaststätte vor mehr als zwei Jahren in die Luft gejagt – laut Urteil in „grenzenloser Naivität“.
Nürnberg – Mehr als zwei Jahre nach einer verheerenden Explosion in einer Nürnberger Gaststätte sind die angeklagte Wirtin und ihr damaliger Koch im neuen Prozess mit milderen Strafen davongekommen. Die 64 Jahre alte Frau muss wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und versuchten Betrugs für viereinhalb Jahre ins Gefängnis, entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth am Montag. Der 52-jährige Hilfskoch bekam zwei Jahre Haft auf Bewährung.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte das Verfahren neu aufgerollt werden müssen. Im ersten Prozess war die Frau noch zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt worden und der Koch zu zwei Jahren und elf Monaten Gefängnis.
Dem Urteil zufolge stiftete die Frau ihren Koch an, die Gasleitung in der Küche zu manipulieren. Das Motiv war demnach Versicherungsbetrug. Bei der Explosion Anfang Januar 2012 entstand in der Gaststätte „Zum Klösterle“ ein Schaden von rund 800 000 Euro. Eine benachbarte Reitanlage musste für einen Monat schließen, um die durch die Druckwelle entstandenen Schäden zu reparieren. Sechs Häuser im Ortsteil Pillenreuth wurden schwer beschädigt, das „Klösterle“ wurde noch am gleichen Tag wegen Einsturzgefahr zum Teil abgerissen. Die Frau hat die Vorwürfe nie zugegeben, der mitangeklagte Koch hatte die Tat jedoch in vollem Umfang gestanden.
Nach Anweisung des BGH musste das Landgericht diesmal genauer prüfen, ob die Wirtin und ihr Komplize das Leben von Anwohnern bewusst riskiert hatten. Den Angeklagten sei jedoch nicht klar gewesen, dass sie so einen riesigen Schaden anrichten und auch andere Menschen mit ihrem Tun gefährden, sagte Richterin Barbara Richter-Zeininger. Sie hätten in „grenzenloser Naivität“ gehandelt und „blind darauf vertraut, dass in der Umgebung nichts passiert“. Dies könne man etwa daran erkennen, dass die Wirtin sich im Obergeschoss in aller Seelenruhe schminkte und fertig machte, um das Haus zu verlassen, während der Koch in der Küche den Gashahn aufdrehte. Beide hätten nicht geglaubt, dass sie sich in einer lebensbedrohlichen Situation befanden.
Im ersten Urteil ging die Kammer davon aus, dass die Angeklagten billigend in Kauf nahmen, dass Menschen bei der Explosion verletzt werden. Diesmal nahmen die Richter an, dass Wirtin und Koch dies nur fahrlässig riskierten – daher fielen die Strafen milder aus.
Zugunsten der Angeklagten wertete das Gericht zudem, dass die Wirtin aus wirtschaftlicher Not gehandelt habe und keine Vorstrafen hatte. Nur noch wenige Gäste hatten das Wirtshaus damals besucht, die Besitzerin lebte laut Landgericht vor allem von Schwarzeinnahmen und Steuerbetrug. Zudem war sie hoch verschuldet und hätte nur eine sehr niedrige Rente bekommen. Beim Koch wurde seine Schuldeinsicht und Reue als strafmildernd gewertet. Der Haftbefehl für den Koch wurde aufgehoben, die Wirtin bleibt im Gefängnis.
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