Miese Geschäfte mit Toten: So werden Trauernde abgezockt
Ein Nürnberger sollte für den Gentest seiner Frau zahlen, den die angeblich machen ließ. Die Polizei empfiehlt: Auf keinen Fall bezahlen – und sofort Anzeige erstatten!
NÜRNBERG Das ist eine ganze miese Masche! Mit fingierten Rechnungen zockt derzeit ein Betrüger die Familien von gerade verstorbenen Menschen ab. Auch in Nürnberg und der gesamten Region sind Dutzende dieser üblen Briefe von „Dr. Engelhardt – genetic research“ aufgetaucht. Die Polizei ermittelt.
Der Nürnberger Grafiker Günther R. steckt in tiefer Trauer. Erst vor sechs Wochen verlor er seine Frau Ursula durch eine schwere Krankheit. Wegen der kurzen Zeitspanne seit ihrem Ableben wunderte er sich auch nicht, dass ihm ein an sie adressierter Brief mit der Post zugestellt wurde. Der Inhalt setzte ihn allerdings in Erstaunen.
Er durchforstet die Todesanzeigen der Zeitungen in ganz Deutschland
Ein „Dr. Engelhardt“ aus Köln (Hohenstaufenring 38- 40) forderte für eine DNA-Analyse, die seine Frau in Auftrag gegeben hätte, inklusive „Mahnkosten“ und „Adressenverifizierung“ genau 328,58 Euro. In dem Schreiben wird eine 10-Tagesfrist für die Begleichung der Rechnung gestellt und ein gerichtliches Mahnverfahren angedroht. Günther R. war sich sofort sicher, dass seine Frau ohne sein Wissen niemals eine DNA-Analyse in Auftrag gegeben hätte – und dass es sich hier nur um ein hinterhältiges Betrugsmanöver handeln konnte.
„So überlegt wie er reagieren nicht alle Empfänger dieses Schreibens“, sagte ein Sprecher der Düsseldorfer Polizei zur AZ. Die Kripo in Nordrhein-Westfalen führt ein Sammelverfahren und hat schon Hunderte von Anzeigen registriert. Auch in verschiedenen Orten Frankens sind diese Briefe aufgetaucht. „Der Absender spekuliert darauf, dass viele Trauernde nicht wissen, was los ist, und den Betrag auf das angegebene Konto der Postbank in Essen überweisen. Da wird das Leid der Angehörigen für ein böses Spiel genutzt“, erklärte ein mit dem Fall befasster Ermittler.
Die Vorgehensweise des Unbekannten ist ganz einfach. Er durchforstet die Todesanzeigen der Zeitungen in ganz Deutschland und sucht sich dort Namen und Anschriften zusammen. Die angebene Adresse auf dem Brief führt zu einem Büro in Köln, dessen Inhaber offensichtlich nichts mit dem Betrug zu tun hat. Das Konto wurde mit einem verlorenen und nachträglich gefälschten Ausweis eines Stuttgarters eröffnet, die Briefe selbst in Hamburg abgeschickt. Wer dahinter steckt, ist bisher noch nicht klar. Eine klare Empfehlung haben die Behörden aber parat: Auf keinen Fall bezahlen – und sofort Anzeige erstatten.
H. Reister
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