Michael Piazolo: Seine schwerste Schulaufgabe

München - Auf ihrer ersten regulären Sitzung nach der Sommerpause hat die bayerische Staatsregierung am Dienstag die Rahmenbedingungen für den Schulstart am 8. September und den grundsätzlich angestrebten Regelschulbetrieb festgezurrt. Demnach gilt für die ersten beiden Unterrichtswochen eine Maskenpflicht auch im Unterricht.
Anschließend müssen Mund und Nase nur noch auf dem sonstigen Schulgelände bedeckt werden, es sei denn, die Zahl der Neuinfektionen übersteigt einen bestimmten Wert. Der Ministerrat folgte damit den Empfehlungen, auf die sich tags zuvor ein Schulgipfel mit Beteiligung von Eltern, Lehrern und Schülern verständigt hatte.
Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) warnte angesichts der derzeit wenigen Todesfälle und der geringen Zahl an Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern vor einer Unterschätzung der von dem Virus ausgehenden Gefahr. Bayern wolle das Virus unbedingt "im Griff behalten", sagte Herrmann. Man wisse über den Krankheitserreger inzwischen zwar schon viel mehr, "aber nichts wirklich Verlässliches". Der Corona-Koordinator der Staatsregierung verwies auf Israel, Frankreich und Spanien, wo sich die Infektionslage wieder exponentiell entwickele.
Maskenpflicht an Schulen bei hohen Infektionszahlen
An den bayerischen Schulen können nach der zweiwöchigen Startphase die Masken beim Unterricht wieder abgelegt werden, wenn sich in der jeweiligen Stadt oder dem Landkreis nicht mehr als 35 Neuinfektionen pro Woche und 100.000 Einwohner ergeben. Bei einer Inzidenz zwischen 35 und 50 Infektionen pro Woche muss auch in den Unterrichtsräumen weiterhin Mund-Nase-Schutz angelegt werden, es sei denn, ein Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen den Schülern kann garantiert werden.
Steigen die Infektionszahlen höher, ist ein täglicher Wechsel von regulärem und Distanzunterricht vorgesehen. Grundschüler sind von der Maskentragepflicht ausgenommen, es sei denn, die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf über 50.
Schwellenwerte: Orientierungshilfe für Gesundheitsamt
Über 35 lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Dienstag nach den Zahlen des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in den kreisfreien Städten Ingolstadt (40,15) und Rosenheim (36,32), knapp darunter in München (34,59) und Landshut (31,77). Die Zahl der Neuinfektionen von Montag auf Dienstag im Freistaat bezifferte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) auf 311. Die Ministerin räumte ein, dass die Dauer zwischen Abstrich für einen Corona-Test und Mitteilung des Ergebnisses an den Getesteten "da und dort" die angestrebten 48 Stunden immer noch überschreite.
Bei den genannten Schwellenwerten handele es sich um "Richtkriterien", so die Staatskanzlei. Sie sollten Entscheidungsträgern vor Ort als Orientierungshilfe dienen. Die letzte Entscheidung, ab wann welche Stufe greift, treffe das Gesundheitsamt in Abstimmung mit der Schulaufsicht.
Corona-Tests an den Grenzen
Bayern bietet nach wie vor freiwillige und kostenlose Tests für Reiserückkehrer an drei Autobahnen, drei Flughäfen sowie an je zwei großen Bahnhöfen und Busterminals an. Dabei war es in der Aufbauphase zu erheblichen Verzögerungen bei der Information der Betroffenen gekommen, so dass zeitweise mehrere hundert positiv auf das Coronavirus getestete Personen nichts über ihre Infektion wussten.
Seit Beginn dieser Testmöglichkeiten bis einschließlich Dienstag haben nach Angaben Humls 319.500 Personen davon Gebrauch gemacht. Dabei seien 4.087 Corona-Infektionen entdeckt worden. Die Nachfrage nach diesen Tests sei "nach wie vor sehr groß", berichtete die Gesundheitsministerin. Besonders an den Wochenenden herrsche großer Betrieb, sodass die Teststationen von ehrenamtlichen Helfern der Hilfsdienste oder auch von der Bundeswehr unterstützt werden mussten.
Es treffe zu, dass momentan der Nachschub an Reagenzien etwas stocke. Man sei aber dabei, neue Bezugsquellen zu erschließen. Die Tests an den Grenzen seien dadurch aber nicht eingeschränkt. Huml wies auf die 14-tägige Quarantänepflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten hin. Diese könne durch Einholen eines negativen Tests lediglich verkürzt werden.
Schule trotz Coronavirus: Minimale Begegnungen
Aufgerufen zu freiwilligen Tests sind zu Schulbeginn auch sämtliche Lehrkräfte an den 6.200 Schulen im Freistaat. Etwa die Hälfte hätten ihr Interesse angemeldet, sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Den Prozentsatz der Lehrer und schulischen Verwaltungsangestellten, die ihre persönliche Risikosituation durch Atteste belegt haben und daher nicht in den Klassenzimmern einsetzbar sind, bezifferte der Kultusminister auf drei bis vier Prozent. 800 zusätzliche "Teamlehrkräfte" sollen diese Lehrer, die entweder von zu Hause oder einem anderen Raum an der Schule aus unterrichten, unterstützen.
Um die Zahl der Begegnungen von Schülern möglichst gering zu halten, werden außerdem versetzter Unterrichtsbeginn und unterschiedliche Pausenzeiten angestrebt. Insbesondere in ländlichen Regionen soll dazu auch die Zahl der für die Schülerbeförderung eingesetzten Busse erhöht werden. Die Kosten für jede "Verstärkerfahrt" übernimmt zunächst befristet bis zu den Herbstferien der Freistaat Bayern zu 100 Prozent. Dafür werden zusätzliche 15 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Damit folgte der Ministerrat ebenfalls einer Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Für die Schüler in den Schulbussen und öffentlichen Verkehrsmitteln gilt Maskentragepflicht.