Messerstecher (18): In der Psychiatrie

Der Scheidungskrieg zwischen seinen Eltern hat Philip G. schwer zu schaffen gemacht. Auch mit dem neuen Freund seiner Mutter Elisabeth gab es Streit. Am Sonntagabend rastete der 18-Jährige aus und rammte Reiner H. ein Küchenmesser in den Hals. Jetzt ist er in der Psychiatrie.
von  Abendzeitung
In diesem Haus geschah die Tat. Das kleine Bild zeigt Philip G.
In diesem Haus geschah die Tat. Das kleine Bild zeigt Philip G. © Daniel von Loeper/Repro

GRÖBENZELL - Der Scheidungskrieg zwischen seinen Eltern hat Philip G. schwer zu schaffen gemacht. Auch mit dem neuen Freund seiner Mutter Elisabeth gab es Streit. Am Sonntagabend rastete der 18-Jährige aus und rammte Reiner H. ein Küchenmesser in den Hals. Jetzt ist er in der Psychiatrie.

Philip G. war hin und hergerissen zwischen der Liebe zu seiner Mutter und dem Wunsch, seinen Vater Aziz G. öfter zu sehen. Noch an Silvester schrieb er ihm eine SMS: „Hey Dad, ich hab dich mehr lieb, als du dir vorstellen kannst.“ Die Familie wollte Silvester zusammen feiern. „Ich habe Philip und seine beiden Brüder eingeladen“, erzählt Aziz G., „wir waren zum Pizzaessen verabredet.“ Doch aus der Silvesterparty wurde nichts. Simon (17), David (15) und Phillip kamen nicht. Sie blieben zu Hause bei ihrer Mutter Elisabeth und deren Lebenspartner Reiner H.

Die Böller und Raketenüberreste der Feier liegen noch hinterm Haus. Vorne an der Tür klebt das Siegel der Kripo Fürstenfeldbruck. Niemand darf das Haus betreten, die Spurensicherung am Tatort ist noch nicht abgeschlossen.

Nach Ermittlungen der Kripo saß Phillip am Sonntagabend mit seiner Mutter und Reiner H. (48) in der Küche beisammen. Ohne dass es vorher zum Streit gekommen sein soll, griff der 18-Jährige gegen 21.50 Uhr plötzlich zu einem Messer. Er rammte die zehn Zentimeter lange Klinge Reiner H. in den Hals. Blutüberströmt brach der Industriekaufmann zusammen.

Elisabeth G. verständigte den Notarzt. Die Hilfe kam zu spät. Rainer H. verblutete, ehe man ihn ins Krankenhaus bringen konnte. Philip H. verfolgte die Rettungsversuche ohne Regung. Widerstandslos ließ er sich am Tatort von der Polizei Handschellen anlegen und abführen. Der 18-Jährige wurde zur Polizei nach Fürstenfeldbruck gebracht.

Inzwischen ist der Schüler in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden. Der Ermittlungsrichter ordnete auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Unterbringung des 18-Jährigen in der geschlossenen Abteilung eines Nervenkrankenhauses an, teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Nord in Ingolstadt am Dienstag mit. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt wegen Mordes. Der mutmaßliche Täter habe das Messer vor dem Zustechen versteckt, erläuterte Oberstaatsanwältin Andrea Titz. Deshalb könnte das Merkmal der Heimtücke gegeben sein.

Philip und seine Brüder hatten schwer unter der Trennung ihrer Eltern zu leiden. Hilflos hatten sie deren Streitigkeiten verfolgt, mal ging es ums Besuchsrecht, mal um Geld oder das Haus in Gröbenzell. „Zwei Jahre durfte ich meine Kinder überhaupt nicht sehen“, sagt Aziz G. „Das war eine sehr harte Zeit für uns.“

Auch mit den Freunden der Mutter kamen die Söhne nicht immer problemlos zurecht. Einer der Partner soll im Drogenrausch Selbstmord begangen haben.

Aziz G. machte sich große Sorgen um seine Kinder. „Ihr braucht Hilfe, hab ich immer zu ihnen gesagt“, erzählt er. Aziz G. bot an, mit ihnen zu einem Therapeuten zu gehen. Der sollte der Familie helfen, das schwere Scheidungstrauma zu verarbeiten.

Philip zog sich immer mehr zurück. Als Kind spielte er viele Jahre begeistert Basketball. Doch dann kam er nur noch selten ins Training. „Er wurde immer mehr zum Außenseiter“, berichtet Michael Knechtskern-Botz vom Gröbenzeller Basketballklub.

Aggressiv oder gewalttätig sei Philipp nie gewesen, sagen Freunde. Als hilfsbereit und freundlich wird er beschrieben, als fairer Sportler. 2009 hörte Philip auf mit dem Basketball. Er konzentrierte sich ganz auf die Schule. 2010 bestand er die Mittlere Reife. „Die Abschlussfahrt machten wir mit ihm und seiner Klasse auf einem Dampfer auf dem Starnberger See“, sagt Aziz G.

Dass sein Sohn einen Menschen getötet hat, kann er kaum glauben: „Der Junge hatte noch so viel vor, er wollte das Fachabitur machen“. Jetzt muss sich der 18-Jährige wegen eines Tötungsdelikts verantworten: Höchststrafe zehn Jahre Haft.

Ralph Hub, Sebastian Müller / dpa

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.