Schöner Warten mit Markus Söder: Merz lässt ihn in Seeon auflaufen

In Seeon zieht die CSU die Lehren aus der Causa Laschet. So geeint hat man die Union selten erlebt. Wenn da nicht der Dauerzwist wegen der Grünen wäre und dann nervt auch noch Daniel Günther.
von  Heidi Geyer
Nachdem er Markus Söder (l.) und Alexander Dobrindt (r.) hat warten lassen, schützen sie ihn mit ihren Schirmen vor dem Regen.
Nachdem er Markus Söder (l.) und Alexander Dobrindt (r.) hat warten lassen, schützen sie ihn mit ihren Schirmen vor dem Regen. © dpa

Seeon - Ganz dünnes Eis. Auf dem Seeoner Klostersee schwimmt noch ein Hauch von Winter, den das Tauwetter der vergangenen Tage nicht aufgelöst hat. Es regnet auch am Mittwochvormittag, als CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Chiemgau eintrifft.

Doch diesmal ist sich CSU-Parteivorsitzender Markus Söder bewusst, dass auch er sich seit seiner offenen Sabotage von Armin Laschet im Bundestagswahlkampf vor vier Jahren auf ganz dünnem Eis bewegt. Noch einmal würde ihm die CDU, wahrscheinlich auch weite Teile der CSU, nicht verzeihen, wenn er aus Verletztheit die Kanzlerschaft verhindert.

Tagung in Seeon: Solide Grundlage zwischen CSU und CDU

Tempi passati. Heuer steht das Bündnis zwischen CSU und CDU auf einer soliden Grundlage, wie Christsoziale in Seeon nicht müde werden zu betonen. Auch wenn sich hier und da ein paar dünnere Stellen verbergen, an denen man einzubrechen droht – nicht nur im übertragenen Sinne, sondern ganz konkret in den Umfragen. Etwa was eine Koalition mit den Grünen angeht.

Die CSU warnt nicht nur seit Wochen davor, schließt sie kategorisch aus. Die CDU und Merz winden sich. Semantische Taktik könnte man das nennen. Mit "den Grünen" (Söder) oder mit "diesen Grünen" (Merz) geht es nicht.

Politik-Professor Heinrich Oberreuter sieht möglicherweise sogar eine Strategie dahinter, wie er der AZ kürzlich sagte: So könnte die Union einerseits jene Wählerschichten gewinnen, für die die Grünen ein rotes Tuch sind. Als auch jene, die Schwarz-Grün gar nicht so schlecht fänden.

CSU in Seeon: Warnung aus Österreich

Doch die CSU hat in den vergangenen Tagen immer wieder beteuert, dass Schwarz-Grün ein großer Fehler wäre. Söder fühlt sich durch die Ereignisse in Österreich bestätigt. Denn dort war nach einer Koalition von Grünen und ÖVP die FPÖ als stärkste Kraft hervorgegangen.

Eine Koalition mit den Grünen auszuschließen – diesen Gefallen tut Merz Söder nicht. Er sei am Mittwoch gerne nach Seeon gekommen. Über den Jahreswechsel habe er sich noch etwas intensiver mit den Zahlen und den Themen beschäftigt. "Ich muss Ihnen sagen, meine Einschätzung über die tatsächliche Lage der Volkswirtschaft der Bundesrepublik Deutschland ist noch einmal kritischer geworden", sagt Merz.

Friede, Freude, Eierkuchen? Der CSU-Vorsitzende Markus Söder (l.) empfängt Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz in Seeon.
Friede, Freude, Eierkuchen? Der CSU-Vorsitzende Markus Söder (l.) empfängt Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz in Seeon. © Peter Kneffel / dpa

Und dann kommt das Entscheidende: "Und auch mein innerer Abstand zu denjenigen, die das zu verantworten haben. Und das ist hier neben dem Bundeskanzler ganz besonders der Bundeswirtschaftsminister." Merz wiederholt sogar noch einmal seine Worte.

Markus Söder schaut eisig

Söder steht neben ihm, die Händen in den Taschen, die Miene eisig. Nichts von seinem Instagram-Charme, seiner Lockerheit, ist zu sehen. Wegen des ernsten Themas, wegen des aus seiner Sicht dringend nötigen Politikwechsels? Oder weil Merz ihm wieder nicht das gibt, was er haben will: den Ausschluss einer schwarz-grünen Koalition.

Denn selbst auf die Nachfrage spricht Merz nur von einem "innerlichen Abstand", der noch größer geworden sei. Das sei zwar "in der Sache klar", aber: "Wir führen keinen Koalitionswahlkampf."

Söder führt einen Koalitionswahlkampf – anders als Merz (Archivbild).
Söder führt einen Koalitionswahlkampf – anders als Merz (Archivbild). © Sven Hoppe/dpa

Markus Söder aber eben doch. Er sagt dazu nichts, kritisiert bloß das von den Grünen angestrahlte Siegestor mit Robert Habecks Konterfei. Es folgt eine Tirade auf eben jenen, der so viel verbockt habe. "Diese Abgehobenheit, die bringt Deutschland nix. Insofern unterstützen wir den Weg der immer weiteren Distanz zu den Grünen", sagt Söder.

Kraft durch Leberknödelsuppe, Seitenhieb auf den Norden

Söder lobt Merz explizit und sichert ihm seitens der CSU "unsere 100-prozentige Unterstützung zu". Bei der Inneren Sicherheit und der Migration seien CSU und CDU erstmals seit vielen Jahren geschlossen. "Wir meinen das wirklich ernst!" Mit Leberknödelsuppe und Leberkäs habe man sich zum Ende der Klausur noch gestärkt, das gebe mehr Kraft, als das, was man in Lübeck so serviere.

Ob er sich damit auf den dortigen Wahlkampfauftakt der Grünen bezieht oder dem dortigen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) eine mitgeben will, ist unklar. Letzterer hatte am Dienstagabend bei "Markus Lanz" gegen Söder ausgeteilt. Der solle sich beim Thema Schwarz-Grün mal zurückhalten. "Söder sagt immer, es gibt in der CDU Leute, die schwärmen von Schwarz-Grün im Bund. Ich kenne niemanden", sagte Günther.

Söder behaupte das aber, um dann zu sagen, er sei derjenige, der es verhindern werde. "Anstatt einfach den Mund zu halten und zu sagen, wir kämpfen für eine starke CDU. Und eine starke CSU." Autsch. "Markus Söder führt diese Diskussion mit sich selbst", sagte Günther weiter.

Söder feuert gegen Daniel Günther: "Ich sehe den selten"

Woraufhin Söder konterte, Günther solle sich raushalten und sich erst mal um die eigenen Probleme kümmern. Sogar den Länderfinanzausgleich brachte Söder ins Spiel. Darauf in Seeon angesprochen, versucht es Merz versöhnlich: "Ich gehe davon aus, dass sich Markus Söder und Daniel Günther nach wie vor freundlich begegnen." Was Söder gleich relativiert: "Echt? Ich sehe den selten." Merz geht einfach darüber hinweg, beantwortet eine andere Frage.

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Vielleicht langt es ihm auch einfach. Denn die Machtverhältnisse haben sich verändert. Als Merz am Morgen in Seeon ankommt, lässt er Söder unter dem Anblick von zahlreichen Journalisten im Regen warten. Denn seine Limousine steht zwar schon am Kloster, aber offenbar hat der Kanzlerkandidat noch etwas Wichtiges zu erledigen. "Ist der überhaupt im Auto?", fragt der CSU-Chef. Es sieht so aus, als säße Merz zumindest beim Kurs der Union fest am Steuer.

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