Mehr Lehrer und weniger Kinder an Bayerns Schulen
München – Im neuen Schuljahr werden an Bayerns Schulen mehr Lehrer als je zuvor so wenige Kinder unterrichten wie seit Jahrzehnten nicht. Die Schülerzahl sinkt um über 25 000 auf 1,72 Millionen; gleichzeitig gibt es gut 1000 Lehrer mehr. Deswegen konnte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) am Freitag einen neuen Rekord in der Unterrichtsversorgung melden: Rein rechnerisch betreut ein Lehrer - wobei Teilzeitkräfte mit eingerechnet sind – nur noch 14,6 Schüler.
„Das ist ein gewaltiger Schritt nach vorne, und wir werden diesen Trend weiter fortsetzen“, sagte Spaenle in München. Rund 107 000 Erstklässler werden nach dem Ende der Sommerferien am kommenden Donnerstag die Schule besuchen.
Die Landtags-Opposition ging mit Spaenle hart ins Gericht. Die SPD sprach von einer „Bankrotterklärung der CSU-Schulpolitik“; die Grünen warfen Spaenle Missmanagement vor, und die Freien Wähler klagten, der Minister sei ohne erkennbares Konzept.
Trotz der sinkenden Schülerzahlen will Spaenle weiter für ein „Mehr an Lehrkräften“ kämpfen: „Wenn ich Kinder unterrichten will, kann ich keinen Kühlschrank reinstellen.“ Der Minister begründete den Bedarf an neuen Lehrern mit den geänderten Bedingungen an den Schulen: dem Ausbau der Ganztagsangebote, der geplanten besseren Betreuung der einzelnen Schüler und dem Erhalt kleiner Schulen. „Wir haben Herausforderungen, die es in den vergangenen 20 Jahren in dieser Form nicht gab“, sagte er.
Der Schuletat der Regierung ist um mehr als ein Viertel gestiegen - von 7,38 Milliarden Euro 2002 auf knapp 10 Milliarden Euro in diesem Jahr. Spaenle meldete als Erfolg, dass im neuen Schuljahr nur noch drei Hauptschulen wegen Schülermangels geschlossen werden. Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts hatte das Ministerium Hunderte kleiner Schulen dicht gemacht.
Bemerkbar macht sich der stete Rückgang der Schülerzahlen vor allem an Grund- und Hauptschulen. Die 2400 Grundschulen verlieren knapp 8000 Kinder, die Mittelschulen über 4000. An den Mittelschulen sitzen im neuen Schuljahr im Schnitt erstmals weniger als 20 Kinder in einer Klasse. An Realschulen und Gymnasien gibt es dagegen nur leichte Schwankungen. Bis Ende des Jahrzehnts erwartet das Kultusministerium einen weiteren starken Rückgang der Schülerzahlen von über 200 000 Kindern und Jugendlichen.
Spaenle bekräftigte, dass es im neuen Schuljahr viele Verbesserungen des Unterrichts geben soll, die den Schülern das Lernen erleichtern sollen. Dazu gehören neben den zusätzlichen Lehrern die Ausweitung der sogenannten „flexiblen Grundschule“ von 20 auf 80 Schulen. Das bedeutet, dass die Kinder wahlweise ein Jahr schneller oder langsamer die Grundschule absolvieren können. An 78 der 418 Gymnasien sind Einführungsklassen geplant, die Real- und Mittelschülern den Aufstieg zur höheren Schule erleichtern sollen. Wegen der vielen Beschwerden über eine zu hohe Belastung am G8 wurde der Gymnasiallehrplan in 11 von 25 Fächern gekürzt.
Der SPD-Bildungsexperte Martin Güll kritisierte, dass es für die Unterrichtsqualität im Schulalltag keine Verbesserungen geben werde. „Bayern schafft es wieder nur, die Grundversorgung zu sichern, stellt aber keine zusätzlichen Ressourcen für die individuelle Förderung bereit. Für mich ist das die Bankrotterklärung der CSU-Schulpolitik.“
Thomas Gehring (Grüne) klagte, das Missmanagement des Ministeriums sorge dafür, dass die Lehrerversorgung an den Mittel- und Grundschulen vor Ort in vielen Fällen noch nicht gesichert sei und es schwierig sei, die befristeten Stellen zu besetzen. Günther Felbinger (Freie Wähler) kritisierte, noch immer mangele es an Bildungsgerechtigkeit, an Personal und an fachgerechter Betreuung.
Spaenle räumte ein, dass die Bildungschancen der Kinder in Bayern nach wie vor zu stark von Wohlstand und Bildung der Eltern abhängen: „Die soziale Prägewirkung der Herkunft ist immer noch zu hoch.“
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