Massive Warnstreiks im öffentlichen Dienst

Die Gewerkschaft Verdi fordert eine kräftige Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst. Bund und Kommunen stellen sich bisher taub. Verdi will das nicht hinnehmen. Die Folge: Auch in Bayern gab es am Mittwoch ungeleerte Mülltonnen und geschlossene Kindergärten.
München – Unmittelbar vor Beginn der zweiten Tarifrunde für den öffentlichen Dienst hat es auch in Bayern massive Warnstreiks gegeben. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi beteiligten sich mehr als 8000 Beschäftigte an den Protestaktionen – und sorgten für teils empfindliche Behinderungen im öffentlichen Leben. Vielerorts blieben am Mittwoch Kindergärten und Behörden geschlossen, es gab Einschränkungen bei der Müllabfuhr und in einigen Kliniken. Verdi drohte zudem bereits eine weitere Ausweitung der Warnstreiks an.
Schwerpunkte waren unter anderem die Landeshauptstadt München, der Großraum Nürnberg, Augsburg und Ingolstadt, wie der stellvertretende Verdi-Landesbezirksleiter Norbert Flach berichtete. In vielen größeren bayerischen Städten hatte Verdi zu Kundgebungen aufgerufen.
Mit den Warnstreiks wollte Verdi die Arbeitgeber bei Bund und Kommunen vor der nächsten Verhandlungsrunde an diesem Donnerstag unter Druck setzen, ein Tarifangebot auf den Tisch zu legen. Die Gewerkschaften fordern die Anhebung der Löhne um monatlich 100 Euro sowie einen zusätzlichen Lohnzuwachs von 3,5 Prozent. Die erste Verhandlungsrunde für die 2,1 Millionen Angestellten von Bund und Kommunen war am vergangenen Donnerstag ergebnislos zu Ende gegangen.
„Die Beschäftigten erwarten in der zweiten Verhandlungsrunde nun ein substanzielles Angebot der Arbeitgeber. Bleibt das aus, sind die Beschäftigten sofort bereit, den Druck noch weiter zu erhöhen“, erklärte Flach. Bei den Kundgebungen sei eine kämpferische Stimmung feststellbar gewesen. „Und die Streikenden haben absolut klar gemacht: Bewegt sich nichts, dann kommen wir wieder“, betonte er.
Ein Schwerpunkt der Warnstreiks im Freistaat waren Kindergärten und Horte für Grundschüler, so dass viele Eltern auf die Kinderbetreuung verzichten mussten. Auch Müllabfuhr und Stadtwerke wurden in München, Augsburg und anderen Kommunen bestreikt. Nicht betroffen war dagegen – anders als in anderen Bundesländern – der öffentliche Nahverkehr, da hier für Busse, Trambahnen und U-Bahnen ein anderer Tarif gilt.
In München gab es Warnstreiks nicht nur in Kitas oder bei der Müllabfuhr, sondern auch bei den Wertstoffhöfen, in den städtischen Behörden, bei den Stadtwerken und bei der Straßenreinigung.
Am Klinikum Ingolstadt beteiligten sich nach Angaben eines Krankenhaussprechers knapp 120 Mitarbeiter, überwiegend Krankenschwestern und -pfleger, Küchenpersonal und Reinigungskräfte. Der medizinische Betrieb sei nur leicht eingeschränkt worden, es hätten aber keine Operationen verschoben werden müssen.
Schwerpunkt der Warnstreiks in Niederbayern war am Mittwoch Straubing. Hier wurden die Stadtwerke, der Bauhof, das Grünflächenamt und die Außenstelle des Wasser- und Schifffahrtsamtes bestreikt. Betroffen war eine Schleuse an der Donau. Dort sei es zu leichten Behinderungen des Schiffsverkehrs gekommen, hieß es von Verdi.
Allein in Mittelfranken beteiligten sich nach Angaben von Verdi 1500 Menschen an den Warnstreiks. In Nürnberg, Erlangen, Ansbach, Rothenburg und Fürth wurden unter anderem Kindertagesstätten, Teile der Verwaltung, Straßenreinigung, Abwasserentsorgung, Müllabfuhr und das Ansbacher Bezirkskrankenhaus lahmgelegt. Auch die Bundesagentur für Arbeit wurde bestreikt. „Es war ein guter Erfolg für den ersten Warnschuss“, sagte Verdi-Bezirksgeschäftsführer Jürgen Göppner. Die Aktionen seien „aber auch noch steigerungsfähig“, warnte er.
Der Schiffsverkehr auf dem Main in Unterfranken lag wegen des Warnstreiks in Teilen lahm. „In der Nacht standen alle 19 Schleusen still, jetzt zurzeit sind es zehn“, sagte der Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamtes Schweinfurt, Heiko Fröhner, am Mittwochvormittag. Rund 30 Schiffe konnten nicht weiterfahren. In der Aschaffenburger Stadtverwaltung streikten Mitarbeiter der Müllabfuhr, des Tiefbauamtes und des Friedhofsamtes. In einigen Bezirken wurden die Mülltonnen nicht abgeholt – dies werde aber nachgeholt.
Verdi hatte am Dienstag mit den Warnstreiks begonnen. Beteiligt hatten sich zum Auftakt geschätzt 2000 Mitarbeiter des öffentlichen Diensts vorwiegend in Würzburg, Bamberg, Regensburg und Passau.