"Masern töten!": Das traurige Schicksal von Angelina (9)

Kleinostheim - Angelina ist fünf Jahre alt, ein fröhliches Kind, das bald eingeschult werden soll und sich für den großen Tag einen rosaroten Ranzen ausgesucht hat. Doch plötzlich verändert sich das Mädchen.
„Im Februar 2011 fingen die ersten Symptome an: ständiges Stolpern und Hinfallen. Sprachverlust. Mehrmaliges Wiederholen von Sätzen. Dazu kamen dann Epilepsie und Halluzinationen – bis hin zum völligen Verlust von Sprache und Gehen“, erzählt Mutter Gina R. (28) aus Kleinostheim am Bayerischen Untermain.
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Vier Wochen später ist klar: Angelina leidet an Subakuter sklerosierender Panenzephalitis (SSPE), einer unheilbaren Folgeerkrankung der Masern. Angelina wird sterben. Vor dem elften Lebensmonat ist eine Masern-Impfung nur in Ausnahmefällen möglich. Angelina ist ein gutes halbes Jahr alt, als irgendjemand sie ansteckt, vielleicht im Zug, vielleicht im Bus. „Damals sind wir viel mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren. Demnach hätte es überall passieren können, leider“, sagt Gina R.
Experten schätzen das SSPE-Risiko nach einer Masern-Infektion auf 1:1700 bis 1:3300. Am größten ist die Gefahr bei Säuglingen. Zwischen der Ansteckung und dem Ausbruch der Gehirnentzündung können mehrere Jahre vergehen. Unbemerkt haben sich die Masern-Viren im Gehirn des Betroffenen eingenistet. Dann beginnen die Erreger plötzlich, sich zu vermehren, zerstören dabei Nervenzellen und verursachen laut Experten „regelrechte Löcher im Gehirn“. Ein unaufhaltsamer Zerstörungsprozess, der schubweise verläuft.
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Angelina ist heute neun Jahre alt. Sie hat zwei jüngere Geschwister. Mit ihnen spielen kann sie nicht. „Angelina hat in den letzten Monaten stark abgebaut“, sagt ihre Mutter. „Sie leidet an Krampfanfällen und Schmerzen. Sie kann weder sitzen, noch sprechen oder gar laufen. Sie wird künstlich ernährt.“ An „guten“ Tagen besucht das schwer kranke Mädchen eine Schule für Körperbehinderte.
Gina R. hat bei Facebook eine Seite eingerichtet, auf der sie über das Schicksal ihrer Tochter informiert (Angelina – Der Kampf mit SSPE). „Sie schaut uns zwar nicht mehr an und lacht auch nicht mehr, aber sie hört uns zu, da bin ich sicher“, schildert die junge Frau in einem der Einträge den Zustand des Kindes.
Weiter unten erinnert sie an Max S. aus Sachsenheim in Baden-Württemberg. Wie Angelina hatte sich der Bub als Baby mit Masern infiziert und war später an SSPE erkrankt. Vergangenes Jahr ist er gestorben. Max wurde 19 Jahre alt.
„Es tut sehr, sehr weh“, schreiben seine Eltern. „Noch schlimmer wird es, wenn man darüber nachdenkt, dass er heute noch leben könnte, hätten ungeimpfte Kinder ihn 1995 nicht mit dem Masern-Virus angesteckt.“
Angelinas Mutter sagt, sie habe volles Verständnis für Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht immunisieren lassen können. „Diese Menschen sind ja selbst darauf angewiesen, dass ihr Umfeld geimpft ist.“ Verschwörungstheorien und Unwahrheiten habe sie jedoch genug gehört. „Masern sind keine Kinderkrankheit. Sie töten. Das sollte jeder wissen!“