Interview

Marsmond-Rover aus Bayern geht auf Reise ins Weltall: Idefix ist startklar

Der Marsmond-Rover soll in naher Zukunft in Richtung Phobos aufbrechen. Daran mitgewirkt haben auch Forscher aus Oberpfaffenhofen. Was das Ziel der Mission ist und warum er nur 25 Kilo wiegt.
von  Rosemarie Vielreicher
Das Eins-zu-Eins-Modell von Idefix in Oberpfaffenhofen: Der Rover wiegt nur 25 Kilo. Seine Größe lässt sich mit einem Getränkekasten vergleichen.
Das Eins-zu-Eins-Modell von Idefix in Oberpfaffenhofen: Der Rover wiegt nur 25 Kilo. Seine Größe lässt sich mit einem Getränkekasten vergleichen. © Rosemarie Vielreicher

Oberpfaffenhofen/Weßling - Idefix – woran denken Sie bei diesem Namen zuerst? An den kleinen, knuffigen Comic-Hund von Asterix und Obelix, klar. In naher Zukunft könnte Ihnen dabei aber auch Oberpfaffenhofen im Kreis Starnberg in den Sinn kommen. Nicht, weil es ein gallisches Dorf wäre. Sondern weil dort gerade ein nicht-tierischer Idefix für Furore sorgt.

Forscher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben dort am Dienstag den gleichnamigen Weltraum-Rover vorgestellt. Rund vier Jahre lang ist in Deutschland und Frankreich an ihm getüftet worden – er ist ein Gemeinschaftsprojekt mit der französischen Raumfahrtagentur CNES. Von Toulouse aus wird er nun im nächsten Schritt nach Japan gebracht. Warum? Die Europäer steuern das Forschungs-Gefährt der japanischen Mission Martian Moons Exploration (MMX) bei. Ab Februar wird Idefix in die japanische Muttersonde integriert.

DLR in Oberpfaffenhofen präsentiert Marsmond-Rover: Noch nie zuvor ist eine Landung gelungen

Das langfristige Ziel von Idefix: Phobos, einer der zwei Monde des Planeten Mars (der andere, kleinere Mond heißt Deimos). Idefix soll die Oberfläche von Phobos erkunden. Nie zuvor ist dort eine Landung gelungen. Dementsprechend reist eine riesige Portion Spannung mit und es gibt vieles zu untersuchen. Woher stammen die Monde überhaupt? Woraus bestehen sie? Warum sind es zwei? Und könnte Phobos möglicherweise in ferner Zukunft eine Zwischenstation bei einer Reise zum Mars sein?

Unförmig und kleiner als unser Mond: Phobos.
Unförmig und kleiner als unser Mond: Phobos. © Nasa

Die Hoffnungen sind groß. Der Stolz auf die Leistung und die länderübergreifende Zusammenarbeit auch. Die DLR-Vorstandsvorsitzende Anke Kaysser-Pyzalla kommt am Dienstag in Oberpfaffenhofen aus dem Strahlen nicht heraus. "Wir sind ganz stolz", sagt sie über die Fertigstellung des Rovers zur AZ. "Aber noch stolzer werden wir in dem Moment sein, wenn die Rakete abhebt und Idefix erfolgreich landet." Die Reise zu Phobos dauert etwa zwei Jahre. Wer ein behäbiges Gefährt für so eine lange Reise erwartet, hat sich getäuscht. Das lebensgroße Modell schaut schmächtig aus, wiegt nur 25 Kilo. Das hat seinen Grund: Idefix soll – wenn alles gut geht – aus einer Höhe von 40 bis 100 Metern in freiem Fall auf der Oberfläche aufkommen. Seine Leichtigkeit ist entscheidend, damit er den Aufprall übersteht.

Danach wird er sich aufrichten und die Räder ausfahren – all das muss er autonom schaffen. Der Projektleiter auf französischer Seite, Stephane Mary, teilte mit: "Er würde nicht überleben, bis die Kommandos von der Erde eingetroffen sind." Bis zu 54 Stunden vergehen, bis eine Information hin und zurück wandert.

Marsmond-Rover Idefix: "Tempo wie eine Weinbergschnecke"

Idefix wird sodann sehr langsam unterwegs sein, wie der DLR-Projektleiter Markus Grebenstein sagte: "das Tempo einer Weinbergschnecke". Idefix ist mit mehreren Kameras ausgestattet, auch mit einem Radiometer vom DLR, mit dem die thermischen Eigenschaften untersucht werden sollen. Das führte Alin Albu-Schäffer, Leiter des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik, aus. Ebenso mit einem Spektrometer für mineralogische Untersuchungen.

Was an den zwei Mars-Monden grundsätzlich anders als bei dem der Erde ist: Sie sind viel kleiner, der größte Durchmesser von Phobos ist knapp 27 Kilometer. Sie sind zudem nicht kugelförmig, sondern unregelmäßig geformt.


Drei Fragen an DLR-Chefin Anke Kaysser-Pyzalla

AZ: Frau Kaysser-Pyzalla, wer hat sich denn den Rover-Namen Idefix einfallen lassen?
Anke Kaysser-Pyzalla: Idefix war eine Idee der französischen Kollegen und ich finde das cool, weil der Rover wirklich sehr klein ist. Weil der Marsmond Phobos eine Anziehungskraft von einem Tausendstel der Erde hat, wird er auch federleicht sein. Klein, kompakt, federleicht: Was passt da beser als Idefix? Und Idefix ist schlau – wie unser Rover.

Das Rover-Modell mit Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (v.r.), Markus Grebenstein, DLR-Projektleiter Idefix, Alin Albu-Schäffer, Direktor des Instituts für Robotik und Mechatronik beim DLR, und Stephan Ulamec, Wissenschaftlicher Koordinator Idefix.
Das Rover-Modell mit Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (v.r.), Markus Grebenstein, DLR-Projektleiter Idefix, Alin Albu-Schäffer, Direktor des Instituts für Robotik und Mechatronik beim DLR, und Stephan Ulamec, Wissenschaftlicher Koordinator Idefix. © Rosemarie Vielreicher

Wie viel hat Bayern zu dem Projekt beigetragen?
Es ist eine deutsche Gemeinschaftsleistung, aber natürlich ist unser starkes Institut für Robotik hier am Standort federführend für das Thema Fahrwerk und Steuerung und hat dadurch einen ganz wesentlichen Anteil.

Wo lauern Gefahren auf den Rover während seiner Reise?
Herausforderungen sind der Start der Rakete, die Trennung vom Mutterschiff, das Aufkommen auf dem Marsmond. Man kann nicht ganz im Detail planen, wo er auftrifft. Welche großen Gesteinsbrocken sind da unter Umständen? Oder wird er weich landen? Das sind Dinge, die weiterhin spannend bleiben. Aber ganz spannend ist natürlich, wenn er sich aufrichtet, sich bewegt und wir wissenschaftliche Erkenntnisse bekommen.

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