Markus Söder zeigt sich beim Gillamoos bereit für Kanzlerkandidatur

Bayerns Ministerpräsident nutzt das Gillamoos-Bierzelt als politische Bühne und scheut keine klaren Worte. In Abensberg bringt er seine Ambitionen ins Spiel.
Heidi Geyer |
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CSU-Chef Markus Söder spricht vor seinen Unterstützern beim Politischen Gillamoos in Abensberg. Dabei geht es auch um die K-Frage.
CSU-Chef Markus Söder spricht vor seinen Unterstützern beim Politischen Gillamoos in Abensberg. Dabei geht es auch um die K-Frage. © IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON

München/Abensberg – Während andere Leute ihren Sommerurlaub in Wellnesstempeln verbringen, saunieren und sich bei Massagen entspannen, hat Markus Söder (CSU) eine ganz eigene Vorstellung von Wellness. Und die heißt Bierzelt. Es scheint, als ob sich der bayerische Ministerpräsident nirgends so wohlfühlt. Auch wenn Söder schon mal zugegeben hat, dass Bierzeltreden selbst für ihn auch ganz schön anstrengend sind.

An diesem Morgen am Politischen Gillamoos in Abensberg ist davon nichts zu spüren. Söder wird, es ist schon fast Standard, mit dem Bayerischen Defiliermarsch begrüßt. Es dauert fast eine Viertelstunde bis er durch das Hofbräuzelt gelaufen ist, vor lauter Winken und Servus sagen. Ein paar Selfies kommen auch noch hier und da dazu.

"Boris, notier dir das!": Wird Markus Söder doch Kanzlerkandidat?

Nach den Wahlen im Osten wollen Friedrich Merz und er entscheiden, wer ins Rennen um die Kanzlerkandidatur geht. Nun ist Tag eins nach den Abstimmungen in Thüringen und Sachsen. Zwar wird auch noch in Brandenburg gewählt, aber die Schicksalswahlen waren jene am Sonntag.

Und natürlich sagt Söder Ja zu (s)einer möglichen Kanzlerkandidatur: „Ich würde mich nicht drücken.“ Wie genau er das meint, dazu später.

Söder hat sich Unterstützung aufs Gillamoos mitgebracht, ausgerechnet von der CDU: Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein ist mitgekommen. Wobei der sich bislang immer für Merz ausgesprochen hatte, was die K-Frage angeht.

Boris Rhein kommt im dunkelblauen Anzug und mit Lederschuhen ins Bierzelt. Damit ist die ganze Geschichte eigentlich schon erzählt. Er ist der erste Redner nach Landrat Martin Neumeyer und man merkt recht schnell: Wie das so zu geht in bayerischen Festzelten weiß der Hesse nicht.

In seiner Rede deckt er alles ab, von Migration bis zur erwartbaren Kritik an der Ampel. Er bekommt Applaus, wenn auch nur höflichen.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein ist im Bierzelt als Redner zu Gast: "Södern statt zögern!"

Rhein hat auch ein paar nette Worte für seinen Quasi-Gastgeber übrig: „Mein Freund Markus Söder, den ich außerordentlich schätze, weil er eine klare Haltung hat, weil er einer von denen ist, die Klartext sprechen, Södern statt zögern!“

Heuer ist nicht wie vergangenes Friedrich Merz in Abensberg, sondern der hessische Ministerpräsident Boris Rhein.
Heuer ist nicht wie vergangenes Friedrich Merz in Abensberg, sondern der hessische Ministerpräsident Boris Rhein. © IMAGO (www.imago-images.de)

Ob Söder Rhein überhaupt zuhört? Sein Gesichtsausdruck wirkt während der Rede enorm gelangweilt, er stützt sein Kinn ab, schaut nicht zur Bühne. Stattdessen nach unten, mutmaßlich auf sein Handy. Man kennt so etwas von Söder.

Eine gewisse Flegelhaftigkeit schätzen viele Menschen sogar an ihm, weil sie ihn nahbar macht. Dabei hatte sich Rhein so bemüht, fast schon angebiedert. „Wenn man das erlebt, wenn man hier reinkommt, kann man wirklich nur sagen: Deutschland braucht mehr Bayern, Deutschland braucht mehr Gillamoos.“ Und er sagt halt auch, dass man für eine Veränderung kämpfen müsse – „mit Markus Söder, mit Friedrich Merz“. Da isser wieder, der Namen, den der bayerische Kollege nur ungern hört.

Kritik an der Ampel, Steuerentlastungen und die Rente: Söder holt zum Rundumschlag aus

Als Markus Söder ans Mikrofon tritt, wird es erst mal lauter. Liegt’s an ihm oder hat man Rhein bewusst den Saft abgedreht? „Das beste Zelt, die tollsten Leute und die miesesten Witze“ gebe es am Gillamoos, sagt Söder.

Miese Witze? In der Tat liefert Söder dann sein solides Standard-Repertoire. Ein paar Lacher sind schon dabei: „Die FDP ist im Piccolozelt – schon in weiser Voraussicht vom gestrigen Wahlergebnis.“ Schließlich waren die Wahlen in Sachsen und Thüringen ein Debakel gewesen, die Liberalen schafften es in beiden Ländern nicht über die Fünf-Prozent-Hürde.

Im Gegensatz zu Söder hört Rhein aufmerksam zu und applaudiert an den richtigen Stellen. Thematisch setzt Söder auf die gewohnten Themen wie Länderfinanzausgleich, die Ampel muss weg, Rentengerechtigkeit, Erbschaftssteuer weg.

Mit Blick auf Sachsen und Thüringen sagt Söder: „Da kann einem schon anders werden. Das ist eine totale Zäsur.“ Die Zeit erinnere ihn ein bisschen an Weimar. Auch dass jetzt womöglich mit dem BSW oder der Linken koaliert werden, „das gibt einem schon ein komisches Gefühl im Bauch“.

Die CSU komme nur zum Zug, wenn man sie bittet

Ein komisches Gefühl im Bauch kriegt man auch als Zuhörer. Hat Söder resigniert? Die Energie, die Verve, mit der er sonst an ein Pult tritt, das fehlt in Abensberg. Ist ihm klar, dass Friedrich Merz nach dem Wahlsonntag deutlich bessere Karten hat? „Wir sind Gott sei Dank wieder zusammen“, sagt Söder mit Blick auf die CDU.

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„Dankeschön an Friedrich Merz, wir sind uns einig wie nie. Wir werden aus diesen zwei Vorsitzenden einen Kandidaten machen, es wird definitiv anders laufen als 2021“, sagt Söder. Damals sei es aber auch „definitiv der falsche Kandidat“ gewesen. Die CSU komme nur zum Zug, wenn man sie bittet.

Locker lässt Söder nicht: „Boris, notier dir das", so der Ministerpräsident. „Ich würde mich nicht drücken, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Söder. Es gehe nicht drum, wer es macht, sondern wer am Ende Erfolg habe. „Etwas mehr Süden, etwas mehr Bayern kann Deutschland nur guttun.“ In der CDU werden bei diesen Worten einige den Kopf schütteln. 

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  • Der wahre tscharlie am 04.09.2024 21:09 Uhr / Bewertung:

    Ich hab ja nur die gut ersten 10min. von Söders Rede gesehen.
    Wenigstens konnte er über seine Witze lachen, auch wenn es gekünstelt klang. Und der Beifall hielt sich auch in Grenzen.

    "Die CSU komme nur zum Zug, wenn man sie bittet."
    Oh ja, immer schön Bitte,bitte zur CSU sagen, sonst kommt sie nicht zum Zug. Und zu welchem Zug? Wohin fährt der udn wann? Ironie aus.

  • Bongo am 03.09.2024 18:11 Uhr / Bewertung:

    Antwort an Frusti1
    Da haben Sie recht.Heute sind Leute in der Politik mit Null Ahnung!

  • Bongo am 02.09.2024 21:14 Uhr / Bewertung:

    Antwort an Analyst:
    Strauß würde bei der heutigen Parteienkonstellation locker Bundeskanzler. Bei Scholz haben dazu ganze 25,7% ausgereicht. Strauß erreichte 1980 44,5%, hätte aber die absolute Mehrheit gebraucht, was einfach nicht möglich war. Die absolute Mehrheit erreichte in der Geschichte der BR Deutschland nur einmal eine Partei, nämlich die Union 1957, als Adenauer auf dem Höhepunkt seiner Macht war und selbst da regierte er nicht alleine , sondern ging eine Koalition ein.

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