Mann verfolgt den Bankräuber - und fährt ihn nieder

Ein Wirt (56) wird Zeuge eines Überfalls – und nimmt spontan die Verfolgung des Täters auf. Nach einem Handgemenge hat er ihn gefasst.
von  Jasmin Menrad, Irene Kleber
Ein gstandenes Mannsbild: Der Wirt der Stockdorfer „Würmtal Stub'n“, Erhard Schober (56), schnappt den Bankräuber.
Ein gstandenes Mannsbild: Der Wirt der Stockdorfer „Würmtal Stub'n“, Erhard Schober (56), schnappt den Bankräuber. © Gregor Feindt

Ein Wirt (56) wird Zeuge eines Überfalls – und nimmt spontan die Verfolgung des Täters auf. Nach einem Handgemenge hat er ihn gefasst.

STOCKDORF - Erhard Schober (56) wollte am Freitagmorgen, Viertel nach neun, bloß 1000 Euro auf seine Bank tragen. Doch dann stockte er: Durch die Glastür der Kreissparkasse Stockdorf sah er erhobene Hände. Sah den schreckstarren Gesichtsausdruck der Bankangestellten. Sah einen Mann im schwarzen Kapuzenshirt herumfuchteln. Schober verstand sofort: Das ist ein Überfall!
Und dann – handelte er blitzschnell.

Der Wirt, der mit seiner Frau Rosi die Stockdorfer Kneipe „Würmtalstuben” führt, wartete, bis der Täter die Bank verließ. Er sprang in sein Auto, nahm die Verfolgung auf, schlug den Mann nieder – und stellte ihn wenig später. Ganz allein! Jetzt sitzt der Bankräuber (27) in Haft.

„Als ich da in der Tür stand, dachte ich einfach nur: Ich lebe ja wie im Mittelalter – denn ich habe kein Handy! Den muss jetzt wohl ich erwischen”, berichtet Schober der AZ.

Rein gehen und den Mann überwältigen? Das erscheint ihm keine gute Alternative zu sein. Der Wirt macht also kehrt, flitzt zu seinem Dacia, den er vor der Bank geparkt hat, und wartet, bis der Täter herausgerannt kommt. „Er hatte eine helle Stofftasche in der Hand und rannte in Richtung Zugspitzstraße”, berichtet der Wirt.

Schober lässt den Motor an und nimmt die Verfolgung auf. Wenige hundert Meter weiter, am Bennosteg in Stockdorf, wird die Lage heikel: Der Täter steuert zu Fuß auf die Würm und einen Fußweg zu. „Jetzt muss ich ihn kriegen”, habe er sich gedacht, sagt Schober: „Sonst komme ich ihm mit dem Auto nicht weiter nach!”

Schober geht aufs Ganze: Am Zebrastreifen nimmt er mit seinem Wagen direkt Kurs auf den Räuber, rammt den Flüchtenden, der samt Beute zu Boden geht.

„Ich hab gedacht, der steht nimmer auf”, sagt Schober – „aber der stand sofort.”

Was bleibt ihm also anderes übrig? Der Stockdorfer Wirt springt aus dem Auto, rennt dem Flüchtenden an die 50 Meter hinterher und holt ihn beim Steg ein. Dort springt er ihn von hinten an und nimmt ihn in den Klammergriff.

„Ich erschieß dich!”, brüllt der Räuber wütend. „ich reiß dir die Eier aus!”, kontert der Wirt – doch der Dieb gibt nicht auf. Er schlägt um sich, beißt Erwin Schober in die Handgelenke. Zieht ihm die Pistole über den Hinterkopf. Doch auch davon lässt sich der Verfolger nicht unterkriegen: Erst als er den Täter in einen Stacheldrahtzaun drückt, ächzt der: „Ich geb auf!”

Endlich kommt Hilfe. Von allen Seiten fahren Streifenwagen der Polizei heran. Alarmiert von der Bank – und schließlich von den Passanten. Erst jetzt bekam er – nachträglich – mit der Angst zu tun. „Ich musste an meine Frau denken, was die gemacht hätte, wenn mir was passiert. Ich hab einfach nicht geglaubt, dass der schießt. Der ist doch schon gelaufen wie ein Weichei”, wird Schober nun den Beamten erzählen, „es ging einfach alles so schnell, ich hab dem nicht mal ins Gesicht geschaut.”

Die Staatsanwaltschaft stellt am Freitag Haftbefehlsantrag gegen den Täter. Am Samstag wird er dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Ein Krankenwagen bringt den Stockdorfer Wirt ins Krankenhaus, wo er einige Stunden untersucht und versorgt wird. Beide Hände sind eingebunden, er hat sechs Stiche in einer Platzwunde am Hinterkopf – und ein verletztes Auge. Wird aber alles wieder heil, sagen die Ärzte.

Würde Erhard Schober das alles wieder tun? Mit ein bisschen Nachdenken? „Ja logisch”, sagt er, und lacht: „Wenn ein Unrecht geschieht, muss man halt einschreiten.” Seine 1000 Euro hat Erhard Schober übrigens noch. Zahlt er ein anderes Mal ein.

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