Manfred Weber warnt vor Gefahr für Europa

Kommissionspräsident in spe Manfred Weber, macht der bayerischen Staatsregierung im Wahlkampfendspurt seine Aufwartung.
Ralf Müller |
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Markus Söder (r.) und Manfred Weber.
dpa Markus Söder (r.) und Manfred Weber.

"Extra Bavariam nulla vita" – dieser Satz wird dem spätmittelalterlichen niederbayerischen Historiker Aventinus zugeschrieben und umschreibt den arroganten Teil des bayerischen Lebensgefühls: Außerhalb Bayerns gibt es kein Leben. Wer noch immer in der staatstragenden CSU von dieser Sicht der Dinge angekränkelt ist, den versucht Parteivize Manfred Weber seit Jahr und Tag vom Gegenteil zu überzeugen. Jetzt bewirbt sich der Niederbayer um die Spitzenkandidatur der Europäischen Volksparteien bei der Europawahl im kommenden Jahr und wäre damit aussichtsreicher Anwärter auf die Nachfolge von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Wird Weber Nachfolger von Juncker?

In der letzten Sitzung des bayerischen Kabinetts vor der Landtagswahl erinnerte Weber am Montag daran, dass es tatsächlich neben dem Urnengang am kommenden Sonntag noch andere wichtige Dinge gibt.

Bei Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stieß er damit auf offene Ohren. "Wir müssen im Augenblick das Größere im Blick haben", so der CSU-Spitzenkandidat. Wer nur auf die Schlaglöcher blicke, laufe Gefahr, gegen eine Wand zu rennen. Aber der Bayer, meinte Söder, sei ohnehin "so was von weltoffen – der Franke sowieso".

Das war vielleicht nicht immer so. Es ist noch nicht ein Jahr her, da hatte sich Söder zu der Formulierung verstiegen, man erlebe das "Ende des Multilateralismus". War das eine freudige Feststellung oder eine Forderung, die sich gegen das EU-Krisengewurstel richtete? Nein, natürlich nicht, korrigierte Söder gestern. Mit der Äußerung habe er nur die internationale Situation mit Blick auf den "America first"-Präsidenten Donald Trump beschrieben. Die bayerische Landeshauptstadt beherberge mit dem Oktoberfest ja die "größte multilaterale Veranstaltung".

Als glühender Europäer war Söder freilich in seinen früheren Ämtern als Staatsminister der Regierung Seehofer nicht aufgefallen, eher im Gegenteil.

Europöische Integration darf nicht schlechtgeredet werden

Doch genauso wie er im Laufe des Landtagswahlkampfs seine Tonart gemindert und gelegentlich eine Prise Demut eingeschoben hat, hebt er heute den Wert der Gemeinschaft für Bayern und seinen Wohlstand. "Nicht alles ist perfekt, aber es ist vieles gut", sagt er über die EU-Institutionen. Es sei ein "Signal der Verantwortung", die Errungenschaften der europäischen Integration nicht schlechtzureden und Stimmung gegen Europa zu machen, wie dies die Populisten täten.

Und er findet sich auch zu einem Lob für Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bereit. Der habe dafür gesorgt, dass in den letzten Jahren keine Kritik mehr an absurden EU-Regelungen von der Krümmung der Gurken bis zur Abschaffung der Glühbirne mehr gegeben habe: "Ich habe den Eindruck, dass Europa seinen Auftrag verstanden hat."

Der Parteivize und Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament Weber hörte das gern, wenn er sich auch diese Einsichten etwas früher gewünscht hätte.

Dass die CSU bei der letzten Europawahl mit einer Doppelstrategie nach dem Motto "sowohl für wie auch gegen Europa" angetreten sei, sei ein kapitaler Fehler gewesen, hatte Weber schon in Interviews beanstandet. Im kommenden Jahr dürfte das anders werden, wenn die CSU die Chance hat, einen der Ihren auf den allerobersten Chefsessel der EU-Kommission zu hieven. Bayern habe daran "schon fast staatspolitisches Interesse".

Von Euro-Bashing im bayerischen Kabinett konnte gestern also nicht die Rede sein, von Wünschen aber schon. Man wolle die Rechte und Möglichkeiten der Regionen in Europa stärker verankern. Und wie angekündigt solle ein "bayerisches Auslandsinstitut" auf den Weg gebracht werden, um insbesondere den europäischen Jugendaustausch verstärken.

Europawahl: Angst vor Parlament "des Populismus und Extremismus"?

Völlig einig waren sich Weber und Söder in dem Wunsch nach "Stabilität" sowohl in der EU wie auch im Freistaat. Er möchte, dass man auf Bayern "mit Achtung und Respekt" schaue und nicht eine "große Komödie" geliefert werde, sagte Söder mit Blick auf Wahlprognosen, wonach rechnerisch ein Viererbündnis gegen die CSU im nächsten Landtag geschmiedet werden könnte. Ohne Volksparteien zerfasere Bayern wie Europa.

Bei der kommenden Europawahl stehe viel auf dem Spiel, warnte Weber. Entschieden werde, ob die europäischen Institutionen weiterhin handlungsfähig blieben oder ein Parlament "des Populismus und Extremismus" zustande komme.

"Stürme werden kommen", sagte Weber voraus: "Da müssen wir uns alle unterhaken". Die "große Volkspartei CSU hat ihre Bewährungsprobe noch vor sich".

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