Maly und Jung: Zoff wegen Geisterbahnhof

Der Streit um den Schwenk der S-Bahn-Trasse in die Schmalau verzögert das gesamte Verkehrsprojekt
NÜRNBERG Parteifreund hin oder her. Zwischen Nürnbergs SPD-OB Ulrich Maly und seinem Fürther Kollegen Thomas Jung (SPD) kracht’s. Grund ist der Verlauf der neuen S-Bahn-Trasse durchs Knoblauchsland und ein vermeintlicher Geisterbahnhof. Die Nürnberger befürchten, dass die Fürther den Ausbau der wichtigen Strecke nach Forchheim lange Zeit verzögern. Die Fürther sehen durch die Trasse wertvolle Natur zerstört...
Begonnen hat alles vor fast zwei Jahrzehnten. Damals planten die Städte Nürnberg, Fürth und Erlangen einen gemeinsamen Gewerbepark in der Schmalau mit Aussicht auf über 10000 High-Tech-Arbeitsplätze. Als Erschließung war eine Bahnlinie geplant. Deren Trasse sollte von der Bahnlinie Fürth-Erlangen nach Osten über den Frankenschnellweg in die Schmalau führen. Die Idee des gemeinsamen Gewerbeparks hat sich zerschlagen, weil alle Städte nach dem Abzug der Amerikaner genügend freie Flächen hatten. Geblieben sind nur der so genannte S-Bahn-Verschwenk und der Haltepunkt Steinach, über den die Schmalau erschlossen werden soll.
Als jetzt die S-Bahn Richtung Norden endlich gebaut werden sollte, war der Schwenk wieder da. Eine Untersuchung hat ergeben, dass diese Trasse einen höheren Nutzen hat als die alternative S-Bahn-Strecke parallel zur bestehenden Bahnlinie nach Norden. Die Planungen liefen an, Ende 2011 sollten die ersten Züge fahren. Sollten!
Baubeginn? Bei der Bahn mag sich keiner festlegen
Denn inzwischen regte sich Widerstand im Fürther Rathaus. Verkehrsplanungs-Chef Matthias Bohlinger fasst die Kritikpunkte zusammen: Wertvolle Flächen werden durch den bis zu zehn Meter hohen Bahndamm zerschnitten. Der Bahnhof Steinach wird ein Geisterbahnhof. Viel mehr Fahrgäste könnten erreicht werden, wenn der Stopp in Vach erhalten bleibt. Entlang der gebündelten Schienen-Stränge für Durchgangs-, Güter- und S-Bahn-Verkehr wäre optimaler Lärmschutz möglich. „Es haben sich neue Fakten ergeben. Deshalb sollte nochmals über die Strecke nachgedacht werden“, so Bohlinger.
Sein Nürnberger Kollege Frank Jülich verneint das. „Die Fakten sind erneut geprüft worden. Auch das zweite Gutachten hat ergeben, dass der Schwenk in die Schmalau wirtschaftlicher ist.“ Zum einen, weil er für die weitere Entwicklung des Gewerbegebiet Schmalau Ost wichtig ist. „Da können wir dann hochwertige Betriebe ansiedeln“, so SPD-Stadtrat Thorsten Brehm. Zum anderen – und das ist für die Nürnberger entscheidend – gibt es für Strecken, deren Kosten-Nutzen-Verhältnis schlecht ist, keine Zuschüsse. „Damit ist das gesamte S-Bahn-Projekt gefährdet“, so Nürnbergs OB Ulrich Maly.
Schon jetzt hat sein Fürther Kollege das Planfeststellungsverfahren verzögert. Bei der Bahn mag sich keiner festlegen, wann nun Baubeginn für das insgesamt 180 Millionen Euro teure Projekt sein könnte. Bahn-Chef Rüdiger Grube sprach, so Maly, von „nicht unerheblichen Verzögerungen“. Michael Reiner