Mahler und der Jazz
NÜRNBERG - In der Tafelhalle wagt sich das Jazzpop-Trio „So Weiss“ in die Welt der klassischen Musik
Das Mahlerjahr neigt sich dem Ende zu, und das Festival „Alles Mahler oder was?“ am 4./5.11. fährt in der Tafelhalle ein grenzüberschreitendes Programm im Spannungsfeld zwischen Jazz und Klassik auf. Am ersten Abend widmet sich Jazzpianist Michael Wollny den bewegenden „Kindertotenliedern“ (20 Uhr). Am darauf folgenden Freitag durchdringt die Wiener Mezzosopranistin Hermine Haselböck mit Videoclips und Lichtkunstwerken ausgewählte Werke des österreichischen Komponisten, der heuer 150 Jahre alt geworden wäre. Danach präsentiert das Berliner Jazzpop-Trio „So Weiss“ die „Lieder eines fahrenden Gesellen“. Die Komponistin und Saxofonistin von So Weiss, Susanne Folk, sinnierte mit der AZ über Leben und Leiden Mahlers.
AZ: Frau Volk, was reizt Sie so an Mahler?
SUSANNE FOLK: Als wir gefragt wurden, ob wir bei „Alles Mahler oder was?“ mitmachen wollen, ließen wir uns zunächst Zeit, um zu schauen, ob wir wirklich Ideen zu Mahler finden würden. Dabei stießen wir immer wieder auf dessen Zyklus „Lieder eines fahrenden Gesellen“. Wir erkannten das folkloristische Element in der Musik und konnten uns vorstellen, mit unserer Besetzung aus Stimme, Klarinette, Saxophon, Klavier und Kontrabass dieses Element aufzugreifen.
Die „Lieder eines fahrenden Gesellen“ sind geprägt von Mahlers unerwiderter Liebe zur Sängerin Johanna Richter. Ist Leid ein guter Antrieb für einen Künstler?
Mit Sicherheit. Rein positive Gefühle kommen auch in unserer Musik sehr selten vor. Es ist jedoch nicht so, dass ich als Komponistin die Situationen in meinen Liedern alle wirklich erlebt habe. Ein Lied, das wir beim Konzert auch aufführen werden, spielt auf das Thema „Kindertotenlieder“ an. Dabei habe ich mich in die Rolle von Gustav Mahler und dessen Ehefrau Alma versetzt, denen die Tragödie des Kindstodes zustieß, nachdem Mahler diesen Gedichts-Zyklus vertont hatte.
Wie herausfordernd war es, das Werk Mahlers in den Bereich des Jazzpop zu führen?
Es war eine große Herausforderung, die uns sehr viel Spaß gemacht hat. Dafür jedoch einen musikalischen Begriff zu finden, der passt, ist schwierig. Mit Pop hat das, was wir machen werden, eigentlich gar nichts zu tun. Jazz aber ist auf jeden Fall enthalten. Am schwierigsten ist es, Klassik mit Naturstimme zu verbinden und die verschiedenen Emotionen zum Ausdruck zu bringen, die sich in Mahlers Musik verbirgt.
Das Mahler-Jahr war vollbepackt mit Veranstaltungen in ganz Deutschland. Was haben Sie davon mitgekriegt?
Ich habe immer wieder geschaut, was es in Berlin für Mahler-Aufführungen in diesem Jahr gibt, aber ich habe erstaunlich wenig entdeckt. Zum Glück wurde im Juli die 1. Sinfonie vom Orchester der Komischen Oper aufgeführt, die ja Motive der „Lieder eines fahrenden Gesellen“ enthält. Das war großartig. Da es aus meiner Sicht zumindest in Berlin mehr Konzerte zum Thema Mahler hätte geben sollen, bin ich froh, dass es jetzt noch das „Alles Mahler oder was?“-Festival in Nürnberg gibt, wo zu diesem Thema sicherlich noch so einiges Interessantes zu hören sein wird. Interview: Benjamin Jungert
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