Magische Rituale in Bayern

„Magie – Frömmigkeit – Aberglaube“: Eine Ausstellung im Jexhof zeigt, wie man Hexen abwehrt, sich mit Muskatnüssen gegen Furunkel wappnet und die Höllenfürsten kontaktiert.
Natalie Kettinger |
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An die Stalltür genagelt, soll dieser Widderkopf Hexen abhalten – genau wie eine Schere unter der Fußmatte.
Volker Isfort 6 An die Stalltür genagelt, soll dieser Widderkopf Hexen abhalten – genau wie eine Schere unter der Fußmatte.
Schlimmer Finger mit besonderer Wirkung: Diese obszöne Geste kennen wohl die meisten: Der zwischen Mittel- und
Zeigefinger gesteckte Daumen symbolisiert den Geschlechtsakt. Doch nur wenige wissen, dass die "Neidfeige" außerdem eine uralte magische Bedeutung hat. Seit dem 12. Jahrhundert wird sie – meist in Form von Amuletten – zur Abwehr von Schadzaubern, zum Schutz vor dem „bösen Blick“ und vor Gespenstern am Körper getragen. Vor allem Frauen bedienten sich ihrer Kräfte. Denn die "Neidfeige" bewahrt ihre Trägerin angeblich auch vor Unfruchtbarkeit.
Volker Isfort 6 Schlimmer Finger mit besonderer Wirkung: Diese obszöne Geste kennen wohl die meisten: Der zwischen Mittel- und Zeigefinger gesteckte Daumen symbolisiert den Geschlechtsakt. Doch nur wenige wissen, dass die "Neidfeige" außerdem eine uralte magische Bedeutung hat. Seit dem 12. Jahrhundert wird sie – meist in Form von Amuletten – zur Abwehr von Schadzaubern, zum Schutz vor dem „bösen Blick“ und vor Gespenstern am Körper getragen. Vor allem Frauen bedienten sich ihrer Kräfte. Denn die "Neidfeige" bewahrt ihre Trägerin angeblich auch vor Unfruchtbarkeit.
Die letzten Hexenjäger: In Zähnen und Hörnern der Tiere potenziert sich deren Kraft – so glaubte man früher. Und wer es mit dem Bösen aufnehmen wollte, brauchte besonders viel positive Energie. Dieser mit Zähnen und Hörnern geschmückte Ritualstab gehörte einem „Hexenbanner“ und sollte seinem Besitzer dabei helfen, Verwünschungen aufzuheben, Hexen aufzuspüren und unschädlich zu machen. „Hexenbanner wurden bei uns bis in die 1950er Jahre hinein gerufen“, erklärt Kurator Stephan Bachter. Etwa, wenn eine Bauersfamilie annahm, ihr Hof sei verhext. Der Hexenbanner hob den Zauber auf – und „enttarnte“ die Hexe: Die Person, die sich als nächste etwas ausleihen wollte, war das gesuchte Teufelswesen. „So wurden viele Unschuldige gebrandmarkt und viele Frauen stigmatisiert“, sagt Bachter. Die Folgen waren drastisch: Manchen „Hexen“ wurden die Häuser abgebrannt, andere nahmen sich aus Verzweiflung das Leben.
Volker Isfort 6 Die letzten Hexenjäger: In Zähnen und Hörnern der Tiere potenziert sich deren Kraft – so glaubte man früher. Und wer es mit dem Bösen aufnehmen wollte, brauchte besonders viel positive Energie. Dieser mit Zähnen und Hörnern geschmückte Ritualstab gehörte einem „Hexenbanner“ und sollte seinem Besitzer dabei helfen, Verwünschungen aufzuheben, Hexen aufzuspüren und unschädlich zu machen. „Hexenbanner wurden bei uns bis in die 1950er Jahre hinein gerufen“, erklärt Kurator Stephan Bachter. Etwa, wenn eine Bauersfamilie annahm, ihr Hof sei verhext. Der Hexenbanner hob den Zauber auf – und „enttarnte“ die Hexe: Die Person, die sich als nächste etwas ausleihen wollte, war das gesuchte Teufelswesen. „So wurden viele Unschuldige gebrandmarkt und viele Frauen stigmatisiert“, sagt Bachter. Die Folgen waren drastisch: Manchen „Hexen“ wurden die Häuser abgebrannt, andere nahmen sich aus Verzweiflung das Leben.
Drei Kastanien gegen Gicht: Amulette wehren das Böse ab, Talismane ziehen das Gute an, und manche Dinge können beides: Wer sich Muskatnüsse in die Tasche steckt, steigert damit – so glaubte man früher – seine Potenz und beugt gleichzeitig Geschwüren sowie Furunkeln vor. Drei Kastanien an einer Schnur sind gut gegen Gicht, Ausschlag und Rheuma. Kaurischnecken bescheren Reichtum. Wer gegen mehrere Dinge gleichzeitig geschützt sein wollte und sich zudem Verschiedenes wünschte, kaufte beim Wanderhändler ein individuell zusammengestelltes „Komplett-Paket“ und versteckte seine magischen Helferlein dann in einer ausgehöhlten Bibel oder einem Amulette-Schränkchen.
Volker Isfort 6 Drei Kastanien gegen Gicht: Amulette wehren das Böse ab, Talismane ziehen das Gute an, und manche Dinge können beides: Wer sich Muskatnüsse in die Tasche steckt, steigert damit – so glaubte man früher – seine Potenz und beugt gleichzeitig Geschwüren sowie Furunkeln vor. Drei Kastanien an einer Schnur sind gut gegen Gicht, Ausschlag und Rheuma. Kaurischnecken bescheren Reichtum. Wer gegen mehrere Dinge gleichzeitig geschützt sein wollte und sich zudem Verschiedenes wünschte, kaufte beim Wanderhändler ein individuell zusammengestelltes „Komplett-Paket“ und versteckte seine magischen Helferlein dann in einer ausgehöhlten Bibel oder einem Amulette-Schränkchen.
Schutzzauber nach Feierabend: Haben Sie sich das Dach Ihres Hauses schon einmal genauer angesehen? Sind Sie sicher, dass sich darauf nicht auch ein Ziegel findet, in den jemand eine finstere Fratze, einen Drudenfuß oder ein anderes Symbol zur Abwehr dunkler Mächte geritzt hat? Diese besonders gestalteten Platten nennt man "Feierabendziegel", weil sie wohl kaum während der Arbeitszeit verziert wurden.
Volker Isfort 6 Schutzzauber nach Feierabend: Haben Sie sich das Dach Ihres Hauses schon einmal genauer angesehen? Sind Sie sicher, dass sich darauf nicht auch ein Ziegel findet, in den jemand eine finstere Fratze, einen Drudenfuß oder ein anderes Symbol zur Abwehr dunkler Mächte geritzt hat? Diese besonders gestalteten Platten nennt man "Feierabendziegel", weil sie wohl kaum während der Arbeitszeit verziert wurden.
Hühner-Galle für ewige Schönheit: Ätherische Öle spielen in der Magie eine wichtige Rolle: Sie werden bei Beschwörungen verwendet und schützen angeblich vor Hexen, wenn man sich damit einreibt. Was zudem gegen Krankheiten hilft, steht in der Zauber-Sammlung "Sechstes und siebtes Buch Mosis". "Gegen den Krebs der Brust des Weibes" gibt der Verfasser den fragwürdigen Rat, sich eine tote Kröte auf den Busen zu binden, "nachdem man vorher über dieselbe ein Kreuzzeichen gemacht hat". Außerdem empfiehlt er Speckschwarten gegen Warzen und die Galle eines Hahnes für ewige Schönheit.
Volker Isfort 6 Hühner-Galle für ewige Schönheit: Ätherische Öle spielen in der Magie eine wichtige Rolle: Sie werden bei Beschwörungen verwendet und schützen angeblich vor Hexen, wenn man sich damit einreibt. Was zudem gegen Krankheiten hilft, steht in der Zauber-Sammlung "Sechstes und siebtes Buch Mosis". "Gegen den Krebs der Brust des Weibes" gibt der Verfasser den fragwürdigen Rat, sich eine tote Kröte auf den Busen zu binden, "nachdem man vorher über dieselbe ein Kreuzzeichen gemacht hat". Außerdem empfiehlt er Speckschwarten gegen Warzen und die Galle eines Hahnes für ewige Schönheit.

„Magie – Frömmigkeit – Aberglaube“: Eine Ausstellung im Jexhof zeigt, wie man Hexen abwehrt, sich mit Muskatnüssen gegen Furunkel wappnet und die Höllenfürsten kontaktiert.

Rattenkadaver, Messer, Eisenpendel und ein getrocknetes Hühnerherz: Die Holztür ist gespickt mit gruseligen Gegenständen. Vor ein paar Jahren trennte sie noch Stall und Scheune eines Nürtinger Bauernhofs, jetzt ist sie im Jexhof zu sehen. Dort zeigt der Augsburger Volkskundler Stephan Bachter derzeit seine Ausstellung „Magie – Frömmigkeit – Aberglaube“, und die Stalltür ist ein gutes Beispiel dafür, was die Menschen früher alles zur Abwehr böser Mächte eingesetzt haben.

„Tote Tiere, spitze oder bewegliche Dinge – all das mögen Hexen nicht“, erklärt der Kurator. Schon die Sumerer und die alten Ägypter versuchten, mit den Kräften des Kosmos in Kontakt zu treten. Oft vermischten sie dabei Magie und Religion. Heute ist beides streng getrennt – zumindest in der Theorie. „Magie geht von einem Wenn-dann-Automatismus aus und funktioniert nach dem Prinzip: Mein Wille geschehe“, sagt Bachter.

Religion hingegen basiere auf Bitten und dem Prinzip: Sein Wille geschehe. „Aber diese Grenze verschwindet in der Praxis der einfachen Leute oft.“ Im Jexhof sind deshalb nicht nur magische Artefakte zu sehen (einige stellen wir Ihnen auf dieser Seite vor). Gezeigt und erklärtwerden außerdem Andachtsbilder, Devotionalien und Glückssymbole. Übrigens: Auf dem Buchmarkt boomt kein Segment so sehr wie die Esoterik. Experten schätzen, dass sich bereits neun Prozent der in Deutschland verfügbaren Bücher mit Lebenshilfe und Spiritualität befassen. Der Zauber des Übersinnlichen wirkt also ungebrochen.


 

Bauernhofmuseum Jexdorf

Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Einödhof im Wald von Schöngeising (Landkreis Fürstenfeldbruck) 1433. Bis 1980 war der Jexhof bewohnt, dann wurde er zum Bauernhofmuseum „umgerüstet“: In einer Dauerausstellung ist zu sehen, wie Landwirte vor 100 Jahren lebten (Achtung! Dieser Bereich macht bis Ende März 2012 Winterpause).

Dazu werden wechselnde Expositionen zu speziellen Themen gezeigt, aktuell Stefan Bachters „Magie – Frömmigkeit – Aberglaube“. Die Sonderausstellung ist täglich außer montags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Weitere Veranstaltungen und Infos: www.jexhof.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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