Machtwort im Rathaus!
NÜRNBERG Die Sex-Posse um vermeintlich anstößige Motive einer Ausstellung in der Rathaus-Eingangshalle wird immer kurioser! Neben besorgten Verwaltungs-Angestellten haben sich nun auch Rathaus-Politiker, fromme Muslime und die Frauenbeauftragte der Stadt Nürnberg in die Diskussion eingeklinkt...
Am Dienstag allerdings setzte es einen Dämpfer für Stefan Sembritzki, den sittenstrengen Leiter der Zentralen Dienste im Rathaus: „Die Bilder bleiben wie geplant bis Anfang April hängen“, beschied Sembritzkis Chef, Personalreferent Wolfgang Köhler.
Die Nürnberger Malerin Katlin Schirmer hatte Anfang letzter Woche ein paar Dutzend Bilder im Stil naiver Kunst aufgehängt. Auf einigen Motiven sind unbedeckte Brüste zu sehen. Ein anderes zeigt eine Altenheim-Szene, in der zwei Greise sich für die Rundungen einer drallen Pflegerin interessieren. Für Sembritzki offenbar zu viel des Guten: Er forderte die Künstlerin auf, „die strittigen Bilder unverzüglich zu entfernen“. Angeblich hätten sich Rathaus-Mitarbeiter und -Besucher über die Darstellungen beschwert. Zwar sei Nacktheit in europäischer Kunst ein normales Stilmittel, räumte Sembritzki ein. Aber: „Im Iran dürfen Frauen nicht einmal das Haar unbedeckt lassen.“
Für Nürnbergs FDP-Chefin Christiane Alberternst ist diese Argumentation ein absolutes Unding: „In Deutschland ist die Freiheit der Kunst grundgesetzlich gegen Übergriffe geschützt.“ Die städtische Frauenbeauftragte Ida Hiller hingegen kritisiert das Altenheim-Motiv als „klischeehaft“. Sie findet, dass der richtige Platz dafür „in einer Galerie“ sei, nicht im Rathaus mit Publikumsverkehr. Lob für seinen Zensur-Versuch erntete Sembritzki dafür von gläubigen Muslimen: „Die Darstellung nackter Menschen verstößt gegen unsere Religion. Die Bilder haben im Rathaus nichts zu suchen“, so Leser „Asma“ im AZ-Forum.
Fakt ist nun jedoch: Die Bilder bleiben hängen. Allerdings wird die Stadt nun die Bedingungen für die Nutzung der Eingangshalle als Ausstellungsraum „überdenken“, so Personalreferent Köhler zur AZ.
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