Lust auf große Töne – soweit die Plätze reichen
NÜRNBERG - Ansturm auf Klassik zu Neujahr – in Nürnberg und am Bildschirm.
Ein Klassik-Phänomen zieht Leuchtspuren ins neue Jahr: Die vier Aufführungen von Beethovens „Neunter“ zwischen 3. und 6. Januar, von Christof Prick mit den Philharmonikern und dem Hans-Sachs-Chor fürs Opernhaus einstudiert, sind ausverkauft. Auch für das Neujahrskonzert des ensemble KONTRASTE (1.1. in der Tafelhalle) gibt es keine Karten mehr. Und bei der Walzerseligkeit, von den Symphonikern am 5./6. Januar in die Meistersingerhalle verpflanzt, wird es trotz der gut 4300 Plätze schon eng. Offenbar kann das Live-Erlebnis vor Ort – soweit die 9000 verfügbaren Plätze reichen – mit den populären TV-Konzerten konkurrieren.
50 Millionen Zuschauer werden am 1. Januar um 11 Uhr an der Mattscheibe fürs berühmteste Schrammeln der Welt erwartet. Bis 2012 hat sich das ZDF die Rechte am Wiener Neujahrskonzert, dieser zur Marke gewordenen Kuriosität,, gesichert. Das lässt die Konkurrenz nicht ruhen: Sie schickt gegen die philharmonischen Zausel eine blonde Opernschönheit ins Rennen. Im ersten Neujahrskonzert der ARD singt die Lettin Elina Garanca im Festspielhaus Baden-Baden schon ab 10 Uhr Ausschnitte aus Bizets „Carmen“ und Verdis „Don Carlo“, ergänzt durch Zarzuelas.
Die Wiener Philharmoniker haben heuer Daniel Barenboim gewonnen, um vor ihnen mit einem Stab die Luft zu zerteilen und der Welt gutes neues Jahr zu wünschen.
Ob der Zuschauer im Ersten auch die spanischen Operettenschmonzetten noch mitbekommen, scheint fraglich. Denn sobald die Wiener im ZDF ihre Geigen heben, wechselt die ARD im Interesse der Quote zum Märchenfilm vom „König Drosselbart“, damit sich die Garanca nicht ohne Fernsehzuschauer versendet. Der gleiche Konzern, der die Wiener Neujahrsveranstaltung auf CD, DVD und Blue Ray verwertet, bringt am 16. Januar auch ihr neues Album „Bel Canto“ heraus.D.S./RBR