Lockerungen in Bayern: Was jetzt erlaubt ist
Eine Überraschung hielt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Sitzung seines Kabinetts gestern in München parat: Die seit dem Lockdown geschlossenen Schankwirtschaften ("Kneipen") dürfen ab dem 19. September wieder öffnen, aber unter für die Branche anspruchsvollen Bedingungen.
Außerdem wird der reguläre Wettkampfbetrieb in sogenannten Kontaktsportarten sowohl im Freien wie auch in geschlossenen Räumen wieder zugelassen. Das betrifft Amateurfußball und andere Mannschaftssportarten wie Basketball, Handball und Eishockey.
Bedingungen für Bars und Kneipen: Feste Sitzplätze, Maskenpflicht, Registrierung der Gäste
Für die Gastronomiebetriebe, die nur Getränke anbieten, gelten dieselben Bedingungen wie für Speiselokale - unter anderem feste Sitzplätze, Maskenpflicht bis zum Platz und Registrierung der Gäste. "Am Tresen 'rumlümmeln geht nicht", verdeutlichte Söder. Die Öffnungsperspektive stehe allerdings unter dem Vorbehalt, dass sich das Infektionsgeschehen in Bayern weiterhin stabilisiere. Keine guten Nachrichten hielt der Regierungschef "leider" für die ebenfalls seit März geschlossenen Diskotheken und Clubs bereit. Diese könnten zu leicht zu "Infektionsbomben" werden, weshalb sie weiterhin geschlossen bleiben müssten.
Im Amateursport dürfen wieder Fans zuschauen
Der Amateursport wird dem Kulturbetrieb gleichgestellt, was die erlaubten Zuschauerzahlen - maximal 200 in geschlossenen Räumen, bis zu 400 im Freien - angeht, sagte Innen- und Sportminister Joachim Herrmann (CSU). Der bislang schon erlaubte Trainingsbetrieb habe jedenfalls gute Erfahrungen gezeitigt. Restriktiver handhabt man im Freistaat hingegen öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel ab einer Teilnehmerzahl von 200: Dafür gilt ab sofort Maskenpflicht.

Mit Blick auf die für kommenden Samstag in München angemeldete Demonstration von Corona-Skeptikern mahnte Herrmann zu Gewaltlosigkeit und der Einhaltung von Abstandsregeln und Maskenpflicht. Es würden "hinreichend Polizeikräfte" zur Verfügung stehen, um erforderlichenfalls eingreifen zu könne.
Die Freiheit, auch "abstruse" Gedanken in Demonstrationen zu äußern, sei im Freistaat garantiert, so Ministerpräsident Söder, aber "ein Chaos wie es in Berlin war" werde man nicht zulassen.

Nach Ansicht Söders wachse das "Sammelsurium aus Reichsbürgern, Verschwörungstheoretikern und anderen" zahlenmäßig nicht, aber die Bewegung werde "schärfer und aggressiver": "Die Gefahr einer Radikalisierung ist schneller da, als man denkt."
Veranstaltet Bayern ungezielte "Massentests"?
Söder verteidigte die bayerische "Teststrategie" trotz der bekanntgewordenen Pannen als "richtig und wichtig". Die Zahl der in Bayern bisher insgesamt vorgenommenen Corona-Testungen bezifferte er auf rund drei Millionen. Die als freiwillige Angebote für Reiserückkehrer an Autobahnen, Bahnhöfen und Flughäfen errichteten Testzentren haben nach Angaben Söders bisher fast eine halbe Million Abstriche vorgenommen. Davon hätten 6.000 oder 1,2 Prozent eine Infektion aufgedeckt. Die Quote ist damit drei Mal so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt.
Dies widerlege die Kritik, Bayern veranstalte ungezielte "Massentests", sagte Söder. Ohne die zahlreichen kostenlosen und daher niedrigschwelligen Tests würde man bei der Frage der Verbreitung des Virus im Dunkeln tappen.
Meldungen über eine generelle Überlastung der Untersuchungslabore wies Söder als unzutreffend zurück. Derzeit würden täglich etwa 50.000 Tests vorgenommen während die Laborkapazität mit 90.000 pro Tag fast doppelt so hoch sei. Es könnten allenfalls regionale Engpässe auftreten.
An drei Autobahnen werden Testzentren wieder schrittweise abgebaut
Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) kündigte den schrittweisen Abbau der Testzentren an den drei bayerischen Autobahnen nach Österreich, an den Hauptbahnhöfen München und Nürnberg sowie dem Zentralen Omnibusbahnhof bis Ende des Monats an.
Die Testzentren an den Flughäfen München, Nürnberg und Memmingen sollen in Erwartung des in Gang kommenden Geschäftsreiseverkehrs weiterhin betrieben werden.
Ungleichbehandlung der Kneipen- mit der Clubszene
Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Sanne Kurz, sieht die bayerische Clubszene "endgültig in einer existenziellen Bedrohung". Die Ungleichbehandlung der Kneipen- mit der Clubszene und das mangelnde Vertrauen in die Clubbetreiber seien für sie "nicht nachvollziehbar". "Nach mehr als einem halben Jahr Zwangsschließung werden wir schon bei den Kneipen eine sehr ausgedünnte Landschaft wiederfinden", sagte Kurz. "Für die Nachtkultur ist jetzt klar: Sie hat in Bayern mittelfristig keine Zukunft. Das ist ungut."

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Waldmann, beschuldigte Ministerpräsident Söder, "die teilweise chaotischen Verhältnisse bei den Tests" nicht als Warnsignal ernst zu nehmen. Das sei das Gegenteil von souverän, so Waldmann: "Söder kann nicht nur das Ankündigen zur Chefsache machen, sondern muss sich auch um die Details der Umsetzung kümmern."