Liebeskummer: Frau täuscht Entführung vor

Großeinsatz der Polizei: Alarmstimmung von Holland bis Bayern. Erst auf der Autobahn bei Würzburg flog die Räuberpistole auf.
WÜRZBURG Aus dem Hubschrauber suchen Polizisten jeden Meter Autobahn ab, über Grenzen hinweg laufen die Telefone in den Einsatzzentralen heiß. „Halb Mitteleuropa“, sagt ein Sprecher der Polizei in Würzburg später, ist am Donnerstagnachmittag auf der Suche nach einer angeblich entführten Frau. Gefunden wird die Holländerin (35) schließlich am Abend alleine in ihrem Auto, auf der A3 bei Würzburg. Da kommen die ersten Zweifel an der Geschichte auf. Tatsächlich: Sie hat die Entführung vorgetäuscht.
„Das war fast wie bei einem Räuber- und Gendarm-Spiel“, so Heiko Sauer vom Polizeipräsidium Unterfranken. Mit einer SMS an ihre Familie hatte die Frau die fast schon filmreife Jagd Donnerstagmittag in Gang gesetzt. Zwei Osteuropäer hätten sie entführt, das Auto fahre Richtung Deutschland. Der Hintergrund: Die Frau steckte in einer Beziehungskrise. „Ich gehe davon aus, dass sie nur Druck auf ihren Lebenspartner ausüben wollte und sich gar nicht bewusst war, was ein Polizeieinsatz nach sich zieht“, so Sauer.
Einsatzkosten: mehrere 10.000 Euro
Die Polizei nahm den Hilferuf natürlich grenzübergreifend ernst. Zunächst startete die Polizei in den Niederlanden die Suche. Gut zu tun hatten dann vor allem die Polizisten in Niedersachsen, Hessen und schließlich in Bayern. In einem Stau auf der A3 bei Heidingsfeld bei Würzburg, wurde das Auto der Frau entdeckt.
Sofort zuschlagen konnte das Spezialeinsatzkommando nicht: Man rechnete mit zwei bewaffneten Entführern. „Die Polizei ist da sehr vorsichtig, denn die Geisel soll ja nicht gefährdet werden“, sagt Sauer. Die Beamten pirschten sich heran – im Auto saß dann aber plötzlich nur die Frau. Erste Zweifel kamen auf. Zunächst bestritt die 35-Jährige alles, behauptete, die Entführer hätten sie allein gelassen. Am späten Abend aber gestand sie.
Jetzt droht der liebeskranken Frau in den Niederlanden ein Strafverfahren wegen Vortäuschens einer Straftat. Auch in Deutschland werden zivilrechtliche Forderungen geprüft. Sie muss vielleicht auch hier die Einsatzkosten tragen – mehrere 10.000 Euro. Trotz des Ärgers hat Polizist Sauer Mitleid mit der Frau: „Wenn man in einer emotionalen Krise steckt, denkt man oft nicht so an die Folgen von dem, was man tut.“
B. Gürke