Letztes Mittel: Video-Folter!

Vor dem Abstiegs-Endspiel der Nürnberger hochdotierten Bewegungs-Legastheniker gegen Wolfsburg: Trainer von Heesen hat die Faxen endgültig dick. Taten müssen folgen. Sofort.
NÜRNBERG „Fehler wie in der E–Jugend“, hatte Thomas von Heesen seinen in Stuttgart herumrumpelnden Dilettanten bescheinigt. Scheinbar war der Club-Trainer lange nicht mehr bei einem Kick zwischen Zehnjährigen. Die machen ihre Sache größtenteils besser als das Gros seiner hochdotierten Bewegungs-Legastheniker. Die FCN-Schlafmützen servierten den VfB-Kollegen die drei Tore wie auf dem Silbertablett. Einsatz, bedingungsloser Kampf, auch mal Schmerzen in Kauf nehmen? Nein, dafür sind sie im Abstiegskampf „qualitativ viel zu gut besetzt“, reden sich die Profis von der traurigen Gestalt seit Monaten selbst ein.
„Es hat so ausgesehen, dass die Einstellung nicht stimmt“, lamentiert Zvjezdan Misimovic. „Einige haben unsere Situation wohl noch immer nicht verinnerlicht.“ Was tun? Von Heesen greift zum letzten Mittel: Gnadenlose Folter. In Form einer laut Manager Martin Bader „dreistündigen Videoanalyse“, bei der Käpt’n Tomas Galasek & Co. gestern Nachmittag eigentlich die Tränen gekommen sein müssten.
„Alles Kopfsache“, wusste Angelos Charisteas schon vorher. „Wenn wir die Heimspiele gegen Wolfsburg und Bielefeld nicht gewinnen, haben wir keine Chance mehr.“ Reißen sich die Spieler nicht endlich am Riemen, geben wie in Stuttgart in den letzten Saisonspielen weiter die willenlosen Tölpel, „dann steigen wir ab“, ist sich Andreas Wolf sicher.
Hörbar ungehalten schlägt von Heesen auf seine Protagonisten ein: „Jeder soll sich hinterfragen, ob das, was er macht, das ist, was er soll. Oder ob er meint, er müsste eigene Ideen entwickeln.“ Denn die Marschroute gibt der Trainer vor. „Ich habe die besondere Begabung, Spieler genau zu analysieren, und sie dann auf die Position zu stellen, wo sie der Mannschaft am meisten helfen.“ Aha. So klang der 46-Jährige letzte Woche vor dem Abbruch gegen Wolfsburg.
Und jetzt? „Die Mannschaft hat bis Sonntag die Aufgabe, sich darauf zu besinnen, was wichtig ist: Beißen, voll in die Zweikämpfe gehen, um drei Punkte zu holen.“ Genug der Worte, Herr von Heesen. Taten müssen folgen. Sofort.
In nur drei Tagen aus einer E-Jugend eine im Abstiegskampf erfolgshungrige Erstliga-Elf zu formieren, erscheint so unmöglich, wie über Nacht einen Grundschüler zum Hochschul-Professor zu machen. Wunder gibt es freilich immer wieder, heißt es. Auf ein solches hoffen sie aber beim Club.
Bader zeichnet „zwei Verhaltensmuster. Entweder wir sagen: Das Ende ist da, und stellen einige Spieler zwecks Transfer ab sofort ins Schaufenster. Oder wir probieren es mit denen, die uns auch in der Zweiten Liga helfen wollen und können. Oder sie wehren sich endlich richtig, und zeigen den Bielefelds, Rostocks & Co., dass wir alles geben, um am 17. Mai den Nichtabstieg zu feiern.“ Wenn sich dafür einige mal nicht zu gut sind.
Markus Löser