Letzte Generation: Daher kommen die Einnahmen der Klimakleber

Die Ausgaben der Protestgruppe "Letzte Generation" für Geldstrafen und Gerichtskosten steigen. Auch deshalb sammeln die Aktivisten eifrig Spenden. Doch sind solche Überweisungen an die Klimakleber überhaupt legal?
von  Tobias Lill
Auch in Bayern gibt es immer wieder Sitzblockaden der Letzten Generation: Das Bild zeigt Aktivisten, die sich im Dezember am Stachus mit ihren Händen auf die Straße geklebt haben.
Auch in Bayern gibt es immer wieder Sitzblockaden der Letzten Generation: Das Bild zeigt Aktivisten, die sich im Dezember am Stachus mit ihren Händen auf die Straße geklebt haben. © Matthias Balk/dpa

München - Kaum eine Organisation entzweit die Deutschen so wie die Letzte Generation. Viele lehnen deren Methoden ab, andere unterstützen die Gruppierung dagegen sogar finanziell.

Laut deren Transparenzbericht konnten die Klimakleber allein im vergangenen Jahr Einnahmen von 902.000 Euro verbuchen – vor allem aus Spenden.

Letzte Generation: Großteil der Gelder stammt von Kleinspendern

Ein Drittel der Gelder stammt aus Überweisungen an die Organisation. Etwas mehr als ein Viertel wurde per Paypal transferiert – der Rest kommt etwa aus Crowdfunding-Kampagnen, zum Beispiel über die Sozialen Medien. Zumeist stehen Kleinspender hinter den Zahlungen.

Gerade erst sorgte jedoch ein Angebot des Vorstandsvorsitzenden der Kapitalgesellschaft Ökoworld AG für Furore: Alfred Platow, der jahrelang mit nachhaltigen Fonds Rendite machte, hatte den Aktivisten per Zeitungsanzeige angeboten, sämtliche Strafen oder Gebührenbescheide auf "das jeweilige Privatkonto" zu erstatten.

Nach Straßenblockaden in Bayern: Großer Geldgeber abgesprungen

Doch nach einem Aufschrei in den Sozialen Medien machte er einen Rückzieher. Nun hofft die Letzte Generation sehnlichst auf Überweisungen seitens von Privatpersonen.

Denn Richter brummten den Aktivisten zuletzt immer häufiger hohe Geldbußen auf – auch für ihre Straßenblockaden in Bayern. In München, Nürnberg und anderen Städten hatten die Aktivisten zuvor mehrfach für Verkehrschaos gesorgt.

Sind Spenden an die Letzte Generation legal?

Doch sind Spenden an die Letzte Generation rechtlich überhaupt zulässig? Schließlich begehen deren Mitglieder mit ihren Aktionen immer wieder auch Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. "Natürlich darf jeder anderen Menschen oder einer Organisation Geld geben", erläutert Walther Michl, Professor für Öffentliches Recht und und Europarecht, an der Bundeswehr-Uni München.

Eine solche Überweisung dürfe auch für die Bezahlung von Geldstrafen oder Geldbußen eingesetzt werden, sagt er im AZ-Gespräch: "Man kann sogar explizit dafür das Geld zweckgebunden verschenken. Das ist legal."

Aufruf an Klimakleber kann für Spender brenzlig werden

Spender müssten allerdings bedenken, dass sie die Aufwendungen nicht von der Steuer absetzen können, wenn bei einer Organisation die Gemeinnützigkeit nicht anerkannt sei.

Rechtlich problematisch wird es aus Michls Sicht, wenn jemand einen anderen zu einer möglicherweise rechtswidrigen oder gar strafbaren Handlung auffordere: "Etwa, wenn jemand sagt: ,Klebt ihr euch ruhig morgen auf dieser oder jener Straße fest – ich bezahle dann für euch die Geldstrafe und die Prozesskosten.'"

Gebe jemand das Geld ganz allgemein für die Organisation oder übernehme später die Strafen einer Blockade, ohne die Aktivisten vorher angestachelt zu haben, sei dies jedoch rechtens. "Es ist generell nicht ungewöhnlich, wenn eine Person einer anderen die Strafe bezahlt."

Ist Geld spenden schon Anstiftung zu einer rechtswidrigen Tat?

Auch Friedhelm Hufen, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Mainz sagt auf AZ-Anfrage: "Natürlich darf man der Letzten Generation Geld spenden."

Doch er ergänzt auch: "Heikel wird es, wenn es in die Richtung Anstiftung, Begünstigung, Beihilfe oder sogar Mittäterschaft geht." Dies wäre etwa der Fall, "wenn man den Klima-Aktivisten gezielt den Kleber kauft oder die Gruppe nur finanziert, um eigene strafbare Ziele umzusetzen", so der Jurist.

Klimaaktivisten der Letzten Generation blockieren am Montag die A100 am Hohenzollerndamm in Berlin.
Klimaaktivisten der Letzten Generation blockieren am Montag die A100 am Hohenzollerndamm in Berlin. © dpa

Zu der Frage, wie hoch die Einnahmen der Letzte Generation bislang in diesem Jahr waren, äußert sich eine Sprecherin der Organisation auf AZ-Anfrage nicht. Auch zur Ausgabenentwicklung in diesem Jahr schweigt die Organisation.

Die Sprecherin verweist nur auf den Transparenzbericht 2022: Im vergangenen Jahr gaben die Aktivisten demnach mehr als eine halbe Millionen Euro aus – mit gut 254.000 Euro ging fast die Hälfte davon für Mietkosten drauf.

Hohe Kosten bei der Letzten Generation: Material, Fahrtkosten und Anwälte sind teuer

Ein großer Posten waren 2022 die Materialkosten, etwa für Warnwesten, Flyer oder Sitzkissen – und natürlich die Kosten für die Unmengen an Kleber jeglicher Art. Hinzu kommen auch schon einmal Fahrtkosten sowie Ausgaben für Hebebühnen oder eine Unterkunft.

Im vergangenen Jahr hatten die Aktivisten für Anwalts- und Gerichtskosten sowie Prozesstrainings rund 18.000 Euro ausgegeben. Ein gutes Bild vor Gericht ist für die Letzte Generation durchaus von Bedeutung für den öffentlichen Diskurs.

Gerichtskosten brauchen Geldreserven der Klimaaktivisten auf

Rund 383.000 Euro Überschuss hatten die Aktivisten Ende Dezember noch in ihrer Kriegskasse. Doch die Rücklagen aus dem vergangenen Jahr könnten angesichts explodierender Gerichtskosten womöglich bereits längst im Eiltempo abschmelzen.

Umso mehr braucht die Bewegung Spenden. Doch ein Problem lösen auch diese nicht: Bei Freiheitsstrafen, die die Gerichte immer häufiger verhängen, nützten selbst Millionensummen nichts. Die Haft müssen die Aktivisten selbst antreten.

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