Letzte Ehre für 71 Menschen
Sie schenkten ihren Körper der Wissenschaft: Beisetzung im Ehrengrab der Anatomie der Uni Erlangen - über 250 nahmen Abschied.
ERLANGEN Ein letzter Blumengruß, sich am Grab von ihrem geliebten Mann zu verabschieden – seit August musste Lore R. (69) darauf warten. Damals hatte ihr Mann Gerhard den Kampf gegen den Kehlkopf-Krebs verloren. Doch eine normale Beerdigung wollte er nicht. Der 68-Jährige hatte verfügt, dass sein toter Körper der Anatomie der Uni Erlangen zur Verfügung gestellt wird. Gestern konnte Lore R. dann Abschied nehmen. Die Urnen ihres Mannes und 70 weiterer Menschen wurden im Ehrengrab der Anatomie in einer bewegenden Trauerfeier beigesetzt.
300 Medizinstudenten standen Spalier
Die Aussegnungshalle am Erlanger Zentralfriedhof war bis zum letzten Platz besetzt. Über 250 Angehörige waren gekommen, um ihren Lieben die letzte Ehre zu erweisen. Pastoralreferentin Monika Leupold und ihr evangelischer Kollege, Pfarrer Johannes Eunicke, verlasen die Namen derer, die ihren Körper der Forschung zur Verfügung gestellt haben, manche hatten verfügt, sogar bei der Trauerfeier namenlos bleiben. Drei Studentinnen zündeten für alle eine Kerze an. „Ab heute haben Sie endlich einen Ort, an den Sie hingehen können in Ihrer Trauer“, sagte der Pfarrer zu den Hinterbliebenen.
Nachdem sich Anatomie-Institutsleiter Winfried Neuhuber bei den Anwesenden bedankt und zum anschließenden Imbiss ins Schloss geladen hatte, zogen die Angehörigen zum offenen Grab – durch ein Spalier von über 300 Medizinstudenten. „Es ist alles andere als selbstverständlich, dass am menschlichen Körper studiert werden kann“, erklärte der Professor, der einmal im Jahr zu dieser Zeremonie und dem anschließenden Umtrunk einlädt. „Uns um die Bestattung zu kümmern, ist das Geringste, was wir für die Spender tun können.“
Gerhards Dankeschön an die Wissenschaft
Lore R. war es schwer gefallen, den letzten Wunsch ihres Mannes zu akzeptieren, den er bereits im Jahr 2000 verfügt hatte. „Aber ich musste, er wollte es eben so“, sagt sie, „immerhin hat die Medizin ihm 20 Jahre geschenkt, weil die Ärzte den Krebs beim ersten Mal so gut in Griff bekommen hatten.“ Es war sein Dankeschön an die Wissenschaft, von dem die jüngste Medizinergeneration profitieren konnte.
Andrea Uhrig