Leichenklau: Ermittlungen gegen Nürnberger Anwalt
NÜRNBERG/DÜSSELDORF - Der Nürnberger Rechtsanwalt Wolfgang Spachmüller wollte die Witwe von Milliardär Freidrich Karl Flick (†79) abzocken. Der zuständige Staatsanwalt spricht von Erpressungsversuch.
Das bizarre Geschachere um den gestohlenen Leichnam des Milliardärs Friedrich Karl Flick (†79) ist für den Nürnberger Rechtsanwalt Wolfgang Spachmüller (45) noch nicht ausgestanden. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Düsseldorf erklärte gegenüber der AZ, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Erpressung eingeleitet wird.
Spachmüller war im Dezember in die Schlagzeilen geraten, nachdem er behauptet hatte, ein Mandant von ihm kenne den Ort, an dem Flicks Leiche aufbewahrt werde. Der Sarg mit den sterblichen Überresten des einstmals reichsten Industriellen Deutschlands war Wochen zuvor aus einer Gruft in Velden (Österreich) gestohlen worden und ist seitdem spurlos verschwunden.
Flicks empörte Witwe lehnte das Angebot entschieden ab
In Verhandlungen mit der Familie hatte Spachmüller für die Preisgabe des Verstecks die von der Familie ausgesetzte Belohnung von 100.000 Euro und ein Honorar in Höhe von 10.000 Euro (plus Mehrwertsteuer) für sich verlangt. Flicks empörte Witwe hatte diesen Handel jedoch entschieden abgelehnt.
Wenige Tage später stellte sich heraus, dass dem Anwalt offensichtlich jegliche reale Grundlage für den Deal fehlte. Aus Kreisen der Kanzlei, in der Spachmüller damals arbeitete, verlautete, dass er sein „Wissen“ über den Aufbewahrungsort der Flick-Leiche lediglich von einer Hellseherin aus der Gegend von Bayreuth bezogen habe.
Nach dem geplatzten Geschäft hatte Spachmüller gegenüber der AZ zunächst erklärt, die ganze Aufregung nicht zu verstehen: „Ich bin Anwalt und weiß, wie weit ich gehen darf“, sagte er. Später, Ende Dezember, wollte er sich dann gar nicht mehr zu den skandalösen Vorgängen äußern. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt dachte die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf über mögliche juristische Konsequenzen nach, zumal Flicks Witwe Anzeige erstatten ließ.
Die Einleitung eines konkreten Ermittlungsverfahrens verzögerte sich zunächst wegen eines Behörden-Gerangels über die Zuständigkeit. Die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf, wo der Sitz der Flick-Stiftung ist, leitete den Fall und die Akten an ihre Kollegen in Nürnberg weiter. Doch hier erklärte man sich nach einer Prüfung der Vorgänge für nicht zuständig – und schickte die Akten wieder an den Rhein zurück. „Wir sind immer noch der Meinung, dass die Zuständigkeit eigentlich in Nürnberg liegt“, sagte gestern Johannes Mocken, der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, zur AZ. Trotzdem werde das Verfahren jetzt von seiner Behörde eingeleitet.
Helmut Reister