Lebensgefährlicher Leichtsinn: Mit zwei Kindern im dünnen Eis eingebrochen
MÜNCHEN - Es ist der blanke Wahnsinn, was sich momentan auf den Seen rund um München abspielt. Mindestens 19 Menschen brachen am vergangenen Wochenende auf dem Wörth-, dem Pilsen- und dem Schliersee ins Eis ein.
Eine 38 Jahre alte Mutter und ihre beiden Kinder stürzten südwestlich der Mausinsel samt Kinderwagen in den eiskalten Wörthsee. Anwohner konnten die drei mit Hilfe von Feuerwehr und Wasserwacht im letzten Moment retten. Etliche Seen sind inzwischen gesperrt, doch die Wintersportfans lassen sich davon nicht aufhalten. Im Gegenteil – manche beschimpfen sogar die Einsatzkräfte, die sie am Betreten der Eisfläche hindern wollen.
„Das ist gefährlich, bleiben sie da weg“, riefen besorgte Anwohner der 38-Jährigen zu. Doch unbeirrt schob die Mutter am Freitagnachmittag den Buggy mit ihren beiden erst sechs Monate und zwei Jahre alten Kindern weiter. „Schon von weitem hat man gesehen, dass da ein riesiges Loch im Eis klafft“, erzählt Robert D. An der selben Stelle waren südwestlich der Mausinsel nur wenige Minuten zuvor zwei Männer im Eis eingebrochen. Die beiden hatten Glück im Unglück und konnten sich alleine retten.
Die Kinder schwebten in Lebensgefahr
Auch unter der 38-Jährigen knackte das Eis verdächtig. Plötzlich sanken ihre Füße ein und sie versank blitzschnell im Wasser. „Im letzten Moment konnte sie dem Kinderwagen noch einen kräftigen Stoß geben, damit er nicht mit ihr ins Wasser fällt“, berichteten Zeugen. Die beiden Kinder schwebten in höchster Lebensgefahr. Jede Minute konnte über Tod oder Leben entscheiden. Mit Leinen und einem Surfbrett näherten sich die Retter vorsichtig der Unglücksstelle.
„Direkt vor unseren Augen sackte plötzlich auch der Kinderwagen weg“, erzählt Robert D. Doch die beiden Geschwister hatten einen tüchtigen Schutzengel. Ihr Buggy trieb auf dem Wasser. „Die beiden waren außerdem so dick eingepackt, dass sie nicht einmal nass wurden, bis wir sie wieder rausgezogen hatten“, erzählt einer der Retter.
Am Samstag brachen innerhalb kürzester Zeit sechs Rentner am Wörthsee im Eis ein. „Sie wurden mit Unterkühlungen ins Krankenhaus gebracht“, berichtet Polizeisprecherin Michaela Grob. Zeugen berichteten sogar von insgesamt 15 Spaziergängern und Schlittschuhläufern, die am Wochenende im eiskalten Wasser des Wörthsees landeten. Auch am Pilsen- und am Schliersee brachen jeweils zwei Menschen im Eis ein.
Die Seen sind aus Sicherheitsgründen gesperrt
Aus Sicherheitsgründen haben die Behörden inzwischen sowohl den Wörth- als auch den Pilsensee gesperrt. Wasserwacht, Feuerwehr und Polizei versuchen mit über 80 Mann, das Verbot durchzusetzen – vergeblich. „Wie die Lemminge rennen die Leut’ aufs Eis“, berichten die Aufpasser. „Unsere Kollegen werden als Wichtigtuer und Spassbremsen beschimpft“, berichtet der Starnberger Kreisbrandinspektor Dieter Hofer. „Einige bekamen sogar den Stinkefinger gezeigt, als sie auf die drohende Gefahr aufmerksam machten.“
Ralph Hub