Lebensfreude aus der Hüfte

NÜRNBERG - Theater der Emotionen: Die Tanz-Truppe Urban Bush Women aus New York gastiert in Fürth
Grillen weisen die Klangspur nach Afrika: Im Fürther Kulturforum zirpen sie mit dem heulenden Wind und rufenden Tieren um die Wette. Bis die sieben Tänzerinnen der New Yorker Ethno-Truppe Urban Bush Women die Bühne betreten und ihr Theater der Emotionen entfalten: Sie stampfen im Takt, singen zärtliche Lieder, bilden einen Kreis, in dessen Mitte eine von ihnen tanzt. Eine zauberhafte Leichtigkeit besitzt das halbstündige „Walking With Pearl“ (Mit Pearl gehen), frei kreisend um die Afrikareise-Tagebücher der Tänzerin, Choreographin und Anthropologin Pearl Primus. Zur repetitiven Musik vom Band wirbeln die afroamerikanischen Tänzerinnen höchst rhythmisch einen Reigen hin, oft synchron, dann wieder individuell aus der Hüfte geschwungen, dass das etwas abgegriffene Wort Lebensfreude eine treffende Bedeutung bekommt.
"Wir sind keine Flüchtlinge – man hat uns zu Flüchtlingen gemacht!"
„Walking With Pearl“ von 2004 war für Fürth ursprünglich als erster Teil geplant. Gut, dass das wesentlich ältere Stück „Shelter“ (Unterschlupf) von 1988 vorgezogen wurde. Es ist weit düsterer, depressiver, schließlich geht es um Armut, Drogen, Vertreibung: „Wir sind keine Flüchtlinge – man hat uns zu Flüchtlingen gemacht“, spricht Jawole Jo Zollar, Gründerin und Choreographin der Truppe, die auch singend zur eindrucksvollen Stimme des Abends wird. Wenn sie sich gemeinsam mit dem wirbelnden Trommler Junior Wedderburn ekstatisch verausgabt, können die Bilder auf der Bühne nicht immer mithalten.
Am Ende berechtigter, großer Applaus.
Wenn die Tänzerinnen auf peitschende Beckenschläge reagieren, als traktierte man sie mit Stromschlägen oder wenn sie springend und stampfend Teil einer kollektiven Maschine werden, geht das unter die Haut. Andere Szenen bleiben diffus und weit hinter der Kraft jener Schmerzensmutter zurück, die im Afrika-Stück aus der Gruppe ausschert und sich gegen ihre Brust trommelt, voller Trauer, Verzweiflung. Dennoch: Am Ende berechtigter, großer Applaus. Georg Kasch