Landtagswahl Bayern: Wie will die Politik Mieter vor Verdrängung schützen?

Die Mieten in München werden immer höher, die Angst der Bürger vor Verdrängung wächst. Wie wollen die Parteien die Menschen davor schützen? Wenige Wochen vor der Landtagswahl antworten die Parteien auf diese Frage.
von  Felix Müller/Natalie Kettinger
Welche Stellung beziehen die einzelnen Parteien?
Welche Stellung beziehen die einzelnen Parteien? © dpa/AZ/ho

München - Eine Frage, sieben Antworten: Lesen Sie hier den nächsten Teil unserer Serie zur Landtagswahl 2018. Diesmal: Wie will die Politik Mieter vor Verdrängung schützen? Das sagen die Parteien.

Andreas Lorenz, Direktkandidat der CSU in Giesing

Wir haben im Koalitionsvertrag auf Bundesebene eine wichtige Schutzfunktion für Mieter verankert: Bei Modernisierungen, die mit der Absicht durchgeführt werden, Mieter loszuwerden, sollen Mieter Anspruch auf Schadenersatz bekommen. Das gezielte Herausmodernisieren wird künftig den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllen. Die steigenden Mietpreise ergeben sich in erster Linie aber aus dem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Daher ist es wichtiger, für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, als zu regulieren. Bundesweit heißt das: 1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime. Bayern geht mit einer eigenen Wohnraumoffensive nochmals weiter.


Natascha Kohnen, Spitzenkandidatin der SPD

Das größte Risiko für Mieterinnen und Mieter sind Luxussanierungen. Wenn die Modernisierungskosten auf die Miete umgelegt werden, kann die Wohnung für sie unbezahlbar werden. Dann werden Menschen aus Stadtvierteln vertrieben, in denen sie seit Jahrzehnten leben. Ich kenne Betroffene persönlich, aus der Maxvorstadt, wo ich aufgewachsen bin. Wir müssen die Modernisierungsumlage sehr deutlich einschränken, daran arbeitet unsere Justizministerin Katharina Barley in Berlin gerade.


Ludwig Hartmann, Spitzenkandidat der Grünen

Einen alten Baum verpflanzt man nicht. Und einen alten Menschen erst recht nicht. In Würde und in den eigenen Wänden alt werden – das muss auch für die Menschen in unseren Großstädten möglich sein. Leider ist der Mietmarkt auch von der bayerischen CSU-Regierung hemmungslos dem Raubtierkapitalismus vorgeworfen worden. CSU-Finanzminister Söder hat zur Sanierung der von CSU-Politikern an den Rand der Pleite geführten BayernLB bayernweit 33 000 staatliche Wohnungen verkauft, 8000 davon in München. Gelder für staatlichen Sozialwohnungsbau wurden drastisch gekürzt. Staatliche Grundstücke werden weiter zu Höchstpreisen verkauft. Und die Mietpreisbremse greift nicht. Ich fordere deshalb, auslaufende Sozialbindungen nach dem hessischen Modell über staatliche Vereinbarungen mit den Eigentümern zu verlängern. Bei geförderten Neubauten dürfen Sozialbindungen künftig gar nicht mehr auslaufen. Staatliche Grundstücke in Ballungszentren dürfen nur noch für sozialen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Und natürlich muss Bayern auch wieder deutlich mehr Geld für den staatlichen Wohnungsbau bereitstellen.


Felix Stahl, Direktkandidat der Freien Wähler in Milbertshofen

Die Problematik der Verdrängung von Mietern in München ist insgesamt sehr komplex und sicher nicht einfach zu lösen. Zumindest jedoch rasant steigende Mieten könnten durch eine dauerhafte Umlage der Kosten von Modernisierungsmaßnahmen sowie faktische Entmietung durch Umwandlung, etwa von Sozialbindungen, durch entsprechende Gesetze eingedämmt werden. So könnte entsprechend geförderter sozialer Wohnungsbau statt Ausverkauf desselben – wie zuletzt tausendfach bei den GBW-Wohnungen geschehen – helfen, den Druck aus dem angespannten Mietwohnungsmarkt zu nehmen. Zusätzlich wäre an die Ausweitung von Erhaltungssatzungen zu denken, die Erweiterung der sozialen Komponente, einen deutlich überarbeiteten Mietspiegel, der alle Mietwohnungen erfasst. Auch sollte München, die im eigenen Bestand befindlichen Wohnungen nicht primär an der Gewinnmaximierung durch Mietanpassungen orientieren.


Brigitte Wolf, Stadträtin und Direktkandidatin der Linken in München-Mitte

Mieterinnen und Mieter müssen mehr Mitsprache erhalten. Sie sollen ihre Häuser gemeinschaftlich übernehmen können, also ein kollektives Vorkaufsrecht wahrnehmen dürfen. Wir fordern die Wiedereinführung des Wohnungsaufsichtsgesetzes. Dies ermöglicht den Kommunen, gegenüber Vermietern einzugreifen, um eine Beseitigung von groben Mängeln wie Verwahrlosung oder Überbelegung von Wohnraum zu erzwingen. Außerdem braucht es eine echte Mietpreisbremse, flächendeckend und ausnahmslos, die Höchstgrenzen einhält. Die Modernisierungsumlage wollen wir abschaffen. Es braucht mehr Mitsprache bei Stadtumbauprojekten, innerstädtischen Nachverdichtungen und Neubauvorhaben. Der Mietspiegel darf kein Mieterhöhungsspiegel sein. Alle Mieten müssen in die Berechnung einfließen. In Kommunen mit angespannter Wohnsituation dürfen Wohnungen nicht aus Spekulationsgründen dauerhaft leer stehen. Mietwucher muss wirkungsvoll geahndet werden.


Daniel Föst, Landesvorsitzender der FDP Bayern

Der beste Schutz für die Mieter ist ausreichend Wohnraum. Wenn mehr und günstiger gebaut wird, sinkt der Druck auf den Wohnungsmarkt. Unser Mietrecht und die Rechtsprechung haben gute Schutzmechanismen und geben den Mietern viele Rechte. Das ist gut so. Solange wir aber nicht mehr Wohnungen bauen, hilft die Mietpreisbremse nur dem gut verdienenden Single ohne Haustier, der unter 100 ist. Für Bestandsmieten gilt in Bayern übrigens eine Kappungsgrenze von 15 Prozent.


Uli Henkel, Direktkandidat der AfD in Giesing

Der Staat kann die erforderlichen Bauleistungen im sozialen Wohnungsbau selbst nicht effektiv managen und erst wenn der letzte private Investor verprellt sein wird, dann werden sich alle wundern, dass man in Plänen und Gesetzen, nicht wohnen kann.

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