Landtagswahl 2018: Was machen die Parteien gegen Pflegenotstand?

Zu wenig Stellen, großer Mangel an Fachkräften: Bayerns Krankenhäuser stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Was ist das Rezept gegen die Misere in der Klinik-Pflege? Wenige Tage vor der Landtagswahl antworten die Parteien auf diese Frage.
von  Julia Sextl, Natalie Kettinger
Wahl-O-Mat Landtagswahl 2018 Bayern
Wahl-O-Mat Landtagswahl 2018 Bayern

München - Künftig wird es Personaluntergrenzen für die Pflege auf bestimmten Klinik-Stationen geben, so die Planungen auf Bundesebene. In Bayern will ein Bündnis sogar noch mehr Pflegestellen durchsetzen (siehe oben). Doch woher die ganzen Pflegekräfte kommen sollen, das weiß niemand.

Die AZ hat vor der Landtagswahl an diesem Sonntag bei Vertretern der sieben aussichtsreichsten Parteien nachgefragt: Was ist Ihr Rezept gegen den Notstand in der klinischen Pflege?


Hans Theiss, Direktkandidat der CSU in München-Mitte

Unsere Bundesregierung hat am 1. August 2018 das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) beschlossen. Ziel des PpSG ist es, Pflegekräfte der Kranken- und Altenpflege im Alltag durch eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen spürbar zu entlasten. Die CSU-geführte Staatsregierung hat in Bayern nicht nur ein umfassendes Pflegepaket, sondern auch ein Krankenhaus-Förderprogramm für eine breite medizinische Versorgung insbesondere im ländlichen Raum auf den Weg gebracht.

Am 24. Juli gab es den Startschuss für 26 neue Krankenhausvorhaben verteilt in ganz Bayern. Der Freistaat fördert zusätzlich zum Bund 1000 eigene stationäre Pflegeplätze und mindestens 500 zusätzliche Kurzzeitpflegeplätze. Um Pflegeland Nummer eins zu werden, will Ministerpräsident Markus Söder in den nächsten fünf Jahren eine Pflegeplatzgarantie geben. Neben diesem Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz wird auch die häusliche und familiäre Pflege durch das Pflegegeld unterstützt.


Ruth Waldmann, Direktkandidatin der SPD in Milbertshofen

Seit Einführung der Abrechnungspauschalen in den Krankenhäusern hat die Arbeitsbelastung der Pflegekräfte deutlich zugenommen. In den Abrechnungspauschalen der Krankenhäuser müssen daher die Pflegeleistungen besser berücksichtigt werden. In deutschen Krankenhäusern sind Pflegekräfte für doppelt so viele Patient*Innen zuständig wie in vergleichbaren Ländern. Daher brauchen wir eine Regelung für eine Mindestausstattung der Krankenhäuser mit Pflegepersonal. Die Bayerische Staatsregierung muss mehr Geld in die öffentlichen Krankenhäuser investieren, damit diese nicht beim Pflegepersonal sparen müssen.


Daniel Föst, Landes- vorsitzender der FDP

Um dem Notstand entgegen zu wirken, müssen Pflegeberufe in Deutschland attraktiver werden. Kein System darf den Idealismus seiner Mitarbeiter ausnutzen. Wir Freie Demokraten wollen, dass sich das große persönliche Engagement der Menschen in der Pflege daher auch in der Bezahlung widerspiegelt. Ob in der Ausbildung oder im Berufsleben: Faire Bezahlung und ein angemessener Personalschlüssel sind unserer Meinung nach der richtige Weg, um Pflegeberufe zu stärken.

Wir brauchen darüber hinaus eine Flexibilisierung der Fachkräftequote und müssen die Mitarbeiter dringend von Bürokratie befreien. Wir benötigen übrigens auch mehr Ausbildungsplätze für Pflegekräfte und Pflegehelfer, um die freien Plätze zu besetzen. Sinnvoll wäre auch eine beschleunigte Anerkennung der Ausbildung von ausländischen Fachkräften. Das dauert heute bis zu neun Monate.


Katharina Schulze, Spitzenkandidatin der Grünen

Laut aktuellen Prognosen fehlen in Deutschland bis zum Jahr 2030 rund 62.000 Pflegekräfte. Wir brauchen also dringend mehr Personal, um pflegebedürftige Menschen gut zu versorgen – ob im Krankenhaus, im Heim oder zu Hause. Wir Grüne wollen den Pflegeberuf aufwerten und attraktiver machen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Arbeitsbedingungen und natürlich auch die Bezahlung stimmen.

Wir wollen eine Ausbildungsoffensive, eine einfachere Rückkehr von Teil- in Vollzeit und Weiterqualifizierungsmöglichkeiten. Nur mit solchen Maßnahmen wird es gelingen, genügend qualifiziertes Personal zu finden. Was die Mehrheit der Pflegekräfte außerdem gefordert hatte: Eine starke Interessensvertretung mit der sie ihre Anliegen vertreten können. Darum braucht es endlich eine Pflegekammer in Bayern.


Ute Gössner, Direktkandidatin der Freien Wähler für den Bezirkstag in Moosach

Als Freie Wählerin fordere ich ein verbindliches Personalbemessungsverfahren und des Weiteren Personaluntergrenzen für alle Krankenhausstationen nicht nur für die sogenannten "pflegesensitiven" Bereiche. Wir haben dazu bereits Anträge in den Bayerischen Landtag eingebracht und diese im Wesentlichen auch erfolgreich durchgesetzt. Vor allem aber ist es notwendig, die Kosten der Krankenhäuser für die Pflege nicht mehr über die Fallpauschalen (DRG) abzurechnen, um keine Anreize für wirtschaftliche Einsparungen in diesem Bereich zu schaffen, sondern nach den tatsächlich entstandenen Kosten. Krankenhäuser, die mehr Pflegepersonal einstellen, müssen auch mit deutlicher finanzieller Unterstützung rechnen können. Pflege ist ein wichtiger Bestandteil der Krankenhausversorgung, hier ist sofortige Abhilfe erforderlich.


Thordis von Maltitz, Direktkandidatin der Linken für den Bezirkstag in Ramersdorf

Laut der Gewerkschaft Verdi fehlen 12.000 Stellen in der Pflege. Ich bin Erstunterzeichnerin des Volksbegehrens "Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern", das die Linke unterstützt. Ein gesetzlicher Mindeststandard soll eine menschenwürdige Versorgung garantieren und die Arbeitsbelastungen des Pflegepersonals auf ein Normalmaß reduzieren.

Zudem fordern wir die Erhöhung der Investitionen des Freistaats in Kliniken auf das Niveau von 2002 unter Berücksichtigung der Inflation: Wir wollen 800 Millionen Euro für Bau, Sanierung und medizinische Ausstattung der bayerischen Krankenhäuser einsetzen. Wir wenden uns gegen das Fallpauschalensystem, das ökonomische Maßstäbe in der Gesundheitsversorgung etabliert hat, sowie gegen weitere (Teil-)Privatisierungen von Krankenhäusern.


Markus Plenk, Direktkandidat der AfD in Traunstein

In Bayern sind rund 5.000 Pflegestellen in Kliniken und Heimen unbesetzt. Der Beruf muss mit festem Tarifsystem besser bezahlt werden. Leiharbeit über Personalleasing und befristete Verträge dürfen nicht die Regel sein. Der Personalschlüssel pro Patient muss eine stressfreie Berufsausübung ermöglichen und den Schweregrad der Pflegefälle berücksichtigen.


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