Landtagswahl 2018: Braucht Bayern eine eigene Grenzpolizei?

500 Mann – und vier Aufgriffe: Was halten Vertreter verschiedener Parteien von der Truppe? Wenige Wochen vor der Landtagswahl antworten die Parteien auf diese Frage.
von  Natalie Kettinger
Wahl-O-Mat Landtagswahl 2018 Bayern
Wahl-O-Mat Landtagswahl 2018 Bayern

München - Unter Edmund Stoiber wurde sie Ende März 1998 abgeschafft, unter Markus Söder zum 1. Juli 2018 wieder eingeführt, um die Zuwanderung zu kontrollieren: die Bayerische Grenzpolizei. 500 Beamte sind derzeit für sie tätig, bis 2023 sollen es doppelt so viele sein.

Eine Vereinbarung zwischen Bund und Freistaat sieht vor, dass sie Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze durchführen darf – allerdings nur mit Erlaubnis oder auf Anforderung des Bundes. Unabhängig kann die Bayerische Grenzpolizei nicht agieren. An Sinn oder Unsinn der Truppe scheiden sich seither die Geister.

Braucht Bayern eine eigene Grenzpolizei?

In den ersten zwei Monaten hätten die neuen Grenzwächter gerade einmal vier Migranten an der illegalen Einreise gehindert, kritisiert die Opposition.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wiederum verweist darauf, dass durch die Bayerische Grenzpolizei im selben Zeitraum rund 1.750 Anzeigen wegen Straftaten sowie Ordnungswidrigkeiten gefertigt und mehr als 500 Fahndungstreffer festgestellt worden seien. Außerdem würden Schleuser den Freistaat immer öfter umfahren.

Laut Bayerntrend haben derzeit sieben Parteien die Chance, am 14. Oktober ins Maximilianeum einzuziehen. Die AZ hat bei allen nachgefragt: "Braucht Bayern eine eigene Grenzpolizei?"


Mechthilde Wittmann, Direktkandidatin der CSU in Moosach

Die Bayerische Grenzpolizei unterstützt die Bundespolizei bei den Grenzkontrollen. Das ist sehr sinnvoll und macht Bayern sicherer. Die Bayerische Grenzpolizei kontrolliert flexibel und stundenweise an diversen Grenzübergängen und unterstützt die festen Kontrollen an den großen Autobahn-Grenzübergängen. Die Grenzpolizei wurde von Ministerpräsident Markus Söder eingerichtet und startet zunächst mit den jetzt schon an den Grenzen eingesetzten 500 Beamten der Landespolizei.

Es geht um Recht und Ordnung, um Vertrauen in den Rechtsstaat und deshalb auch darum, die Grenzen sicherer zu machen. Wir setzen auch – und das ist das Ziel – ein klares Signal in die internationale Schlepper- und Schleuserszene, dass es sich weniger lohnt, Bundesgrenzen zu übertreten, und dass es sich noch weniger lohnt, das hier in Bayern zu machen.


Ludwig Gebhard, Direktkandidat der Freien Wähler für den Bezirkstag in Milbertshofen

Nein, denn die neue Grenzpolizei ist das Ergebnis eines undurchdachten Aktionismus. Nicht einmal die CSU ist sich über die Befugnisse der neuen Grenzpolizei im Klaren: Während Seehofer verkündet, die Bayerische Grenzpolizei unterstehe der Aufsicht der Bundespolizei, will Söder "selbstständige Grenzkontrollen", was rechtlich so gar nicht möglich ist.

Nach Überzeugung der Freien Wähler wäre vielmehr der Ausbau der Schleierfahndung der richtige Ansatzpunkt und nicht der Aufbau neuer Strukturen. Wir haben schon jetzt viel zu wenig Polizei vor Ort und jetzt soll noch mehr Personal in einer zusätzlichen Behörde. Dabei brauchen wir die Polizei bei den Menschen und nicht in der Verwaltung. Eine neue Behörde, wie eine ‚Bayerische Grenzpolizei’, ist ein missglücktes Kabinettstück, das nichts mit der Realität zu tun hat und auch niemandem hilft.


Christian Peiker, Direktkandidat der Linken in Rosenheim-West

Nein, eine eigene Grenzpolizei ist reine Geldverschwendung und rechte Effekthascherei. Das geht einher mit enormen Kosten und einer sowieso schon überlasteten Polizei – und vier festgehaltenen Menschen, gefangen von 500 Polizistinnen und Polizisten. Absurd. Die CSU spielt inhaltlich die Bayernpartei und möchte zurück in die Grenzziehungen des 19. Jahrhunderts, die Zeit der Postkutschen und Pferde: Da passt die nächste Schnapsidee, der Ausbau der Reiterstaffeln ganz gut.

Ein anderer Weg wäre nötig: Bei den bayerischen Polizistinnen und Polizisten haben sich zwei Millionen Überstunden angesammelt. 9,7 Prozent oder fast 2700 Stellen sind nicht besetzt. Der Rechtsruck der CSU geht auf Kosten aller Menschen: Die Geflüchteten trifft es am härtesten, aber auch die Beschäftigten der Polizei sind Opfer der Entgleisungen der CSU.


Uli Grötsch, Generalsekretär der Bayern-SPD

Nein, die Bundespolizei macht einen sehr guten Job. Die bayerische Polizei braucht mehr Beamtinnen und Beamten auf der Straße in den Streifenwagen. Eine zusätzliche Struktur ist überflüssig.


Katharina Schulze, Spitzen-Kandidatin der Grünen

Die bayerischen Polizistinnen und Polizisten schieben knapp zwei Millionen Überstunden vor sich her und sind bis an ihre Leistungsgrenzen belastet. Was sie sicherlich nicht brauchen, ist, noch weitere, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Wenn die CSU-Staatsregierung zusätzliche Beamtinnen und Beamten einstellen will – wunderbar. Aber bitte nicht für eine Art Hausregiment des CSU-Ministerpräsidenten, sondern für die ureigenen Polizeiaufgaben im Freistaat.

Die Zuständigkeit für den Schutz der Bundesgrenze liegt bei der Bundespolizei – und das sollte auch künftig so bleiben. Ganz abgesehen davon wollen wir Grüne, anders als die CSU, nicht zurück zu einem Europa der Schlagbäume. Wir Grüne stehen zu den Grundwerten der Europäischen Union und für einen freien Grenzverkehr – und wir lassen uns unser Europa von der CSU nicht kaputt machen!


Daniel Föst, Landesvorsitzender der FDP

Nein, die Bayerische Grenzpolizei ist ein reiner PR-Gag ohne echte Befugnisse. Sie hat keine rechtliche Handhabe, Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen. Die Zuständigkeit für den Grenzschutz liegt beim Bund. Bayern braucht stattdessen mehr Polizisten, gerade auf dem Land, wo Dienststellen oft unterbesetzt sind. Der Grenzschutz muss vielmehr auf europäischer Ebene geregelt werden.


Uli Henkel, Direktkandidat der AfD in Giesing

Ja, wir brauchen vorläufig jedenfalls Grenzkontrollen und zwar lückenlos und dauerhaft und an allen Grenzübergängen, so lange unsere EU-Außengrenzen nicht wirksam geschützt werden. Ein Sozialstaat braucht Grenzen, sonst wird er schamlos ausgebeutet. Ein Staat muss wissen, wer sich auf seinem Territorium aufhält. Eine Grenzpolizei ohne Kompetenzen aber ist Augenwischerei und soll die Bevölkerung nur ruhig stellen.

Wenn der Bund sich weigert, die bayerischen Außengrenzen durch seine Beamten wirksam schützen zu lassen, Sekundärmigration zu unterbinden, und vor allem natürlich dem permanenten Rechtsbruch der Dublin-Verordnungen nicht zu begegnen, dann muss Bayern in einer Art Notwehrrecht diese Grenzpolizei selbst einsetzten und mit Machtbefugnissen ausstatten.


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