Zittern bis zum Weltrekord

Jaroslav Bobrowski hat es wieder getan: Er hat so viel gegessen wie sonst keiner. Diesmal war es Eis - und zwar weltrekordverdächtig viel der süßen Sünde
von  Claudia Hagn
In einen Becher kommen jeweils fünf Kugeln.
In einen Becher kommen jeweils fünf Kugeln. © Christine Vincon

Landshut - Irgendwann, so nach 35 Minuten, fängt Jaroslav Bobrowski (30) an zu zittern. Über seinen recht stattlichen Brustmuskeln, aber auch am Rest des Körpers. Kein Wunder: Bobrowski hat bis zu diesem Zeitpunkt an die 40 Kugeln Eis gegessen. Und das sollen nicht die einzigen 40 bleiben: Bei Minute 59 stellt er den letzten Becher auf den Tisch - 85 Kugeln hat er bis dann in sich hineingeschaufelt: Weltrekord!

Jedenfalls inoffiziell, denn von Guinness war diesmal keiner dabei; zu kurz war die Anmeldefrist, denn Jaroslav Bobrowski, Ausnahmesportler und Triathlet, hat sich spontan für den Eis-Wettbewerb entschieden. Vor knapp zwei Monaten war er plötzlich bekannt geworden, weil er in einem Ergoldinger Sushi-Restaurant 100 Teller vertilgte. Das war dem Wirt zu viel und er warf ihn kurzerhand raus. Das wiederum interessierte so viele Menschen, das Bobrowski zu einer kleinen Internetberühmtheit wurde. Und sich dachte: Nach dem Sushi wage ich mich an den Eis-Weltrekord. Der liegt momentan bei 74 Kugeln á 30 Gramm in unter einer Stunde, aufgestellt in Husum 2016. Sagt Bobrowski - und stellte sich der Herausforderung.

In der Schokoladenmanufaktur "Chocolat" in der Neustadt hatte Olaf Minet am Mittwochnachmittag schon 100 Kugeln á 40 Gramm vorbereitet, fein säuberlich auf einer großen Platte gestapelt. Die Sorten waren reines Eis aus Milch, Zucker, Sahne und dem jeweiligen reinen Geschmacksträger: Popcorn, Schokolade, Pistazie, Quark, Joghurt, Macadamia und Cashew.

Jeweils ein Becher mit fünf Kugeln

Jeweils einen Becher mit fünf Kugeln stellte Minet auf den Tisch; und Bobrowski schaufelte mit einem Löffel los, unter den Blicken seiner Freundin Lucy ("Mir geht's gar nicht gut, wenn ich mir das anschauen muss") sowie einigen Chocolat-Kunden. Dabei hatte Bobrowski (rund 79 Kilo, 1,72 groß) vorgesorgt - und am Dienstag und Mittwoch nichts gegessen. Also gar nichts. "Das mache ich öfter", erzählt er. Er lebt nach der Devise "20 Stunden Fasten, vier Stunden Zeitfenster fürs Essen, meistens abends vor dem Schlafengehen". Getrunken wird natürlich, meistens Tees, koffeinfreier Kaffee und Wasser, jedoch fast nie Softdrinks oder Fruchtsäfte.

Bobrowskis Körper ist also aufs viele Essen in kurzer Zeit trainiert; und so sah es am Mittwoch auch aus. Völlig ruhig verschwand eine Kugel nach der nächsten. "Pistazie und Quark, das schmeckt mir am besten", ließ der Triathlet zwischendrin mal verlauten. Die Kugeln á 40 Gramm: für Bobrowski größer als gedacht; und kälter als gedacht. "Aber ich komme ja ursprünglich aus Sibirien, ich bin Kälte ja gewohnt", so Bobrowski zwischen einer Kugel Pistazie und Quark.

Irgendwann fällt das Sprechen schwer

Langsam aber stetig arbeitete sich der 30-Jährige vor, immer wieder stellten seine Freundin und Olaf Minet neue Becher vor ihn auf den Tisch. Nach 25 Minuten hatte er die Hälfte der Kugeln, also um die 50, geschafft; nach 40 Minuten erklärte Bobrowski jedoch: 100 Kugeln gehen sich doch nicht aus, 85 müssen reichen. Weil so viele Liter Eis mit einer Temperatur von minus zwölf Grad dann doch ein wenig auf den Kreislauf gehen - und mehr sind als gewöhnlich.

Um die 6 000 bis 7 000 Kalorien dürfte Bobrowski gestern in sich hineingeschaufelt haben; nach Minute 59 waren 85 Kugeln weg - und den letzten Becher genoss der Sportler noch ein wenig. "Aber wann ich wieder richtig sprechen kann, weiß ich noch nicht", brachte er gerade noch heraus - so viel Kälte lähmte irgendwann sogar wohl die Gesichtsmuskeln.

Danach ging Bobrowski in die Hocke; und lächelte aber nach wie vor. Wer ein echter Eisheiliger werden will, auch ganz offiziell im Guinness-Buch der Rekorde, der muss das wohl.

Diesen Weg will der Sportler jetzt übrigens tatsächlich gehen, sich anmelden und mit einer unabhängigen Jury das Ganze noch mal durchziehen - Olaf Minet hat schon Unterstützung zugesagt. Dann heißt es wieder: an die Kugeln. Wahrscheinlich zu Beginn der Eissaison im Frühling.

Wer heute, Donnerstag, 25. Oktober, ins "Chocolat" kommt, kriegt eine Kugel Eis geschenkt, so lange noch der Vorrat reicht. Denn seit gestern ist auch dort die Eis-Saison offiziell beendet und die letzten Bestände gehen kostenlos an die Landshuter.

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