Von wegen Brüderchen und Schwesterchen

Zunächst hielt Ronny S. den Plan für "einen schlechten Witz". Doch seine Mitbewohnerin meinte es bitterernst: Weil er seine Drogenschulden nicht beglich, wollte die 29-jährige Katharina S. einen Bekannten entführen, um auf diese Weise zu ihrem Geld zu kommen.
von  Redaktion Landshut Stadt

Zunächst hielt Ronny S. den Plan für "einen schlechten Witz". Doch seine Mitbewohnerin meinte es bitterernst: Weil er seine Drogenschulden nicht beglich, wollte die 29-jährige Katharina S. einen Bekannten entführen, um auf diese Weise zu ihrem Geld zu kommen.

Da offensichtlich weder Ronny S. noch drei weitere junge Männer dem Ansinnen der von ihnen Kate genannten Landshuterin entgegentreten konnten oder wollten, wurde der Plan einen Tag später tatsächlich in die Tat umgesetzt. Seit Januar muss sich die Clique aus dem Drogenmilieu nun vor der Jugendkammer des Landgerichts wegen erpresserischen Menschenraubes verantworten. Mittlerweile wurde auch für den 19-jährigen Ronny S. ein Gutachten bezüglich seiner Drogensucht erstellt. Polytoxikomanie, so die Diagnose. Wie S. selbst sagt, sind Drogen Schuld an der Tat - sowie die mitangeklagte Katharina S.

Wie berichtet, hatten Katharina S., Ronny S. und ein weiterer Angeklagter am 19. April 2017 in der Nähe der Skaterbahn Geisenhausen den Geschädigten Marcel A. unter vorgehaltener Waffe gezwungen, in ihr Auto einzusteigen. Während der Fahrt nach Landshut forderten sie Geld und Elektrogeräte. In der Wohnung von Ronny S. warteten bereits die beiden weiteren Angeklagten, die einer Absprache zufolge Marcel A. "übernehmen" und ebenfalls bewaffnet in der versperrten Wohnung auf ihn aufpassen sollten.

Das Trio machte sich wieder auf den Weg nach Geisenhausen, nachdem sie A. die Haustürschlüssel abgenommen hatten, um dessen Wohnung nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Allerdings wartete vor Ort schon die Polizei auf sie. "75 Prozent stimmen schon", hatte auch Ronny S. den angeklagten Sachverhalt zu Prozessbeginn eingeräumt. Eigenen Angaben zufolge hatte er die 29-Jährige rund ein Jahr vor der Tat im Drogenmilieu kennengelernt. Als ihr Ex-Freund sie vor die Tür gesetzt hat, habe er sie bei sich in der Wohnung aufgenommen. Gehabt habe man nichts miteinander - man sei wie Bruder und Schwester gewesen, sagten Ronny S. und Katharina S. übereinstimmend. Die Mitangeklagten bestätigten dies. "Da passte kein Blatt zwischen die zwei", sagte etwa ein weiterer 19-Jähriger. Dieses Blatt scheint sich mittlerweile aber gewendet zu haben. Vor Gericht straft Kate Ronny S. mit Missachtung, während sie mit den anderen jungen Männern in den Verhandlungspausen angeregt plaudert. Die Landshuterin verwahrt sich gegen das Image der Rädelsführerin; Ronny S. und sie hätten stets gemeinsam entschieden und sich zusammen "ein Netzwerk" als Drogendealer aufgebaut. Ronny S. hatte indes angegeben, lediglich als eine Art Handlanger Marihuana für die 29-Jährige - die er als "Möchtegern-Drogenbaronin" bezeichnete - verkauft zu haben. Dies sei folgendermaßen abgelaufen: Kate habe eine SMS oder einen Anruf bekommen. Danach habe es geheißen, "geh' mal runter". Vor seiner Wohnung hätten die Kunden dann schon auf ihn gewartet. "Sie waren also das Faktotum der Frau S.", so der Kommentar von Staatsanwalt Siegl.

Ronny S. beteuerte, die Tat zu bedauern. "Ich verabscheue eigentlich jegliche Form von Gewalt." Er habe die Anweisungen von Kate nur befolgt, um weiteren Ärger zu vermeiden. Eine Mitschuld gab S. auch den Drogen. Drei Tage lang habe man "durchgehend Party gemacht". "Wir waren alle total dicht." Dem Gutachter zufolge war S. dabei aber weder in seiner Einsichts- noch in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt. Es liege ein schädlicher Gebrauch von Drogen vor, aber noch keine manifeste Abhängigkeit. Eine Therapie sei bei dem 19-Jährigen dringend notwendig. "Alleine schafft er das nicht mehr." Eine ambulante Therapie würde nach Meinung des Sachverständigen allerdings ausreichen. Wie Verteidiger Dr. Thomas Krimmel sagte, möchte Ronny S. dem Geschädigten im Rahmen einer Schlichtungsvereinbarung ein Schmerzensgeld von 1500 Euro zukommen lassen. Dafür würde sein Mandant sich das Erbe seines Opas vorzeitig auszahlen lassen. Der Prozess wird am 7. März fortgesetzt.

 

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