Von Tierquälern entführt: Schildkröte als Fußball benutzt?
Ergolding- Die Schildkrötenbrüder Samy und Morla leben seit sechs Jahren in Ergolding: Im Winter im Terrarium in der Wohnung, sonst draußen in ihrer Sommerresidenz, mit Heu im Schlafzimmer, Wasserstelle und Salatbuffet im Vorgarten. Ein Idyll – bis sich Unbekannte in den Garten schleichen, Morla neben dem Gehege liegenlassen und Samy mitnehmen.
Eineinhalb Tage später taucht er im Tierheim Heinzelwinkl auf – mit Schürfwunden und gebrochenen Stellen am Panzer. "Er wurde als Puck oder Fußball missbraucht", vermutet Besitzerin Madlen Röver.
Tierheim postet Foto von Schildkröte
Es ist Dienstagmorgen, als Röver Morla neben dem Gehege findet. Wegen des Betonsockels rund um den Garten ist sie nicht weit gekommen. Samy dagegen ist verschwunden. Die Schildkröten-Mama sucht in der Wiese nebenan und bei den Nachbarn.
Dass Samy nicht ausgebüxt ist oder von einem Tier verschleppt wurde, erkennt Röver schon am Gehege. Das Dach des Schildkrötenhauses beschweren normal zwei Blumentöpfe, am Dienstag stehen die Töpfe daneben – vorsichtig platziert statt einfach umgekippt. Rövers Vermutung: Über die Wiese direkt neben dem Garten gehen Kinder und Jugendliche zur Schule, viele davon wissen, dass in dem kleinen Gehege seit sechs Jahren Schildkröten leben. Sie könnten Samy mitgenommen haben.
Madlen Röver macht sich Sorgen. "Als ich die beiden bekommen habe, haben sie noch in meine Handfläche gepasst", sagt die 31-Jährige. Das war vor sechs Jahren. Seitdem sind ihr die Griechischen Landschildkröten genauso ans Herz gewachsen wie ihre Hunde und ihre Katzen – auch wenn die Reptilien weniger kuschlig sind.
Noch während die Ergoldingerin nach Samy sucht, bekommt sie von Bekannten eine Nachricht: Das Tierheim Heinzelwinkl hat auf Facebook das Bild einer zugelaufenen Schildkröte geteilt. Bereits am Montag haben die Bewohner eines Mehrfamilienhauses Samy im Gemeinschaftsgarten entdeckt – 300 Meter Luftlinie von daheim entfernt. "Das ist weiter, als er allein kommen würde."

Bauch- und Rückenpanzer aufgeschürft und blutig
Im Tierheim versteckt sich Samy in seinem Panzer. Der ist auf der Bauchseite offen, die oberste Schicht ist abgeschürft und blutig, am Rückenpanzer ist ein Stück abgebrochen. Weil es in Ergolding laut Röver keinen Tierarzt gibt, der sich auf Reptilien spezialisiert hat, fährt Rövers Mutter mit Samy zu einem Experten nach München. Der reinigt und behandelt die Wunden – "aber innere Verletzungen sieht man halt nicht", sagt Röver. Am Rückenpanzer hat Samy Kratzer, die vorher nicht da waren.
Die Ergoldingerin kann sich vorstellen, dass Kinder Samy als Fußball benutzt haben. "Oder als Hockey-Puck." Darauf hat sie ihr Freund gebracht, der Eishockey spielt. Die Abschürfungen könnten auch von dem Schlag eines Hockeyschlägers kommen, vermutet er.
Jetzt ermittelt die Polizei
Röver wendet sich an einen bekannten Polizisten, die Polizei sucht jetzt nach den Tätern. Die Hoffnung, dass die Verantwortlichen gefunden werden, hält sich bei Röver in Grenzen. Das sei aber nicht das Entscheidende. "Ich bin einfach nur froh, dass er wieder da ist."
Samy scheint es genauso zu gehen: Wenn andere Menschen ihn anfassen, versteckt er sich in seinem Panzer. Als Madlen Röver ihn hochnimmt, weil er im Garten unter einem Stuhl hängenbleibt, ist er endlich wieder in guten Händen.
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