Um Haares-Byte: Programmierer fällt fast auf Microsoft-Masche herein
Landshut - War es die Gutgläubigkeit und die Hilfsbereitschaft oder vielmehr auch ein Stück weit die eigene Betriebsblindheit? Der Landshuter Programmierer Fabian Z. (30) kann sich im Nachhinein nicht erklären, warum er kürzlich um Haaresbreite auf eine durchaus bekannte Betrugsmasche hereingefallen ist: den falschen Microsoftmitarbeiter am Telefon.
Die Betrüger geben sich als Microsoft-Support aus
Fabian Z. kannte den Trick nicht, bei dem Betrüger ihre Opfer telefonisch kontaktieren, sich als Microsoft-Support ausgeben und auf Softwareprobleme oder Viren auf dem PC aufmerksam machen. Als bei Z. das Telefon klingelt und ein englischsprachiger Mann auf Viren und mögliche Probleme auf Z.s Heim-PC aufmerksam machen will, denkt er sich zunächst nichts Böses. "Ich habe tatsächlich noch einen alten PC, der mit Windows 7 läuft und nicht mehr von Microsoft supportet wird", sagt Fabian Z.
Plötzlich wurden kritische Fehler angezeigt
Als er auf Bitte des Manns am Telefon den PC einschaltet und über die Befehlsreihenfolge "Windowstaste + R - eventvwr" die Ereignisliste aufruft, zeigt ihm das System eine Masse an kritischen Fehlern an. Der angebliche Microsoftmitarbeiter bietet sogleich an, diese zu beheben. Fabian Z. wird weitergeleitet an einen "Fachmann", der fließend Englisch spricht und sich hervorragend auskennt.
Über den "Teamviewer" gewährt Z. dem Mann schließlich Fernzugriff auf seinen PC. Der Betrüger macht sich ans Werk. "Er hat angefangen, Updates aufzuspielen und eine Lizenzerneuerung angeboten, 49,90 Euro für fünf Jahre oder lebenslange Unterstützung für 90 Euro."
Beim Bezahlen wurde er stutzig
Erst als es ans Bezahlen geht, wird Fabian Z. irgendwann stutzig. Z. bietet an, mit Kreditkarte zu zahlen, doch der Mann akzeptiert nur Onlinebanking oder eine Paypal-Funktion, bei der Geld verschenkt und bei Unregelmäßigkeiten nicht mehr zurückgefordert werden kann. "Microsoft ist ein amerikanisches Unternehmen, da ist die Kreditkarte normalerweise Zahlungsmittel Nummer eins."
Als er merkt, dass der Mann ihn zudem immer wieder auf dem Teamviewer ausblendet, zieht Z. buchstäblich den Stecker, ändert schnell über das Handy seine Passwörter und kann so im letzten Moment einen größeren Schaden verhindern. "Ich habe als Programmierer öfters mit Supports zu tun. An diesem Tag habe ich mich wohl durch meine Gutgläubigkeit und wegen des professionellen Auftretens des Betrügers einfach einlullen lassen", sagt Z.
"Unglaublich, wie schnell man auf sowas reinfallen kann"
Obwohl kein Schaden entstanden ist, wendet sich Z. dennoch an die Polizei. Die Microsoft-Betrugsmasche ist dort wohl bekannt und wurde in jüngster Zeit wieder häufiger gemeldet (die AZ berichtete). Z.: "Mir ist von der Polizei gesagt worden, dass man bei der Strafverfolgung wenig machen kann, da die Täter meist über Prepaidhandys aus dem Ausland operieren. Es war für mich unglaublich, wie schnell man auf sowas reinfallen kann, auch als Programmierer."
Die Callcenter-Delikte nehmen zu
Wie Polizeioberkommissar Maximilian Bohms, Sprecher des Polizeipräsidiums Niederbayern, sagt, ist die Zahl der Callcenter-Delikte im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr von 861 Anzeigen auf 1.398 angestiegen. Bohms: "Der dabei entstandene Vermögensschaden belief sich 2020 auf rund 1,5 Millionen Euro." Zur Deliktgruppe des Callcenterbetrugs gehören der Enkeltrick, das Gewinnversprechen und falsche Polizeibeamte. "Ob die Betrugsmasche der falschen Microsoft-Mitarbeiter ebenfalls aus einem Callcenter heraus ausgeführt wird, ist bislang noch nicht abschließend geklärt", sagt Bohms.
Schwierige Ermittlungen
Für die Durchführung des Microsoft-Betrugs sind nach Angaben der Polizei durchaus fortgeschrittene EDV-Kenntnisse erforderlich. Zu den Tätern können jedoch bisher kaum belastbare Aussagen gemacht werden. Bohms: "Die Ermittlungen gestalten sich oftmals äußerst schwierig. Bisherige Erkenntnisse legen nahe, dass es sich um deutsch- und englischsprachige Täter handelt, die vereinzelt einen indischen Akzent aufweisen." Der durch falsche Microsoft-Mitarbeiter verursachte Vermögensschaden beläuft sich im Einzelfall in der Regel auf vergleichsweise geringe Beträge von etwa 150 bis 300 Euro. Im Gegensatz zu den Callcenter-Delikten, die mit einer Quote von rund 90 Prozent im Versuchsstadium steckenbleiben, sei die Erfolgsquote bei der Mircosoft-Masche jedoch deutlich höher.
Zwei Fälle pro Tag in Niederbayern
Im Jahr 2021 hat sich das Fallaufkommen bislang auf etwa ein bis zwei Fälle pro Tag in ganz Niederbayern eingependelt. Im Jahr 2020 wurden niederbayernweit Delikte im unteren dreistelligen Bereich registriert. Der Raum Landshut war vor Kurzem zwischenzeitlich besonders stark betroffen. Fast ein Viertel aller bisher im Jahr 2021 aufgenommenen Fälle waren in Landshut zu verorten. Bohms: "Die Gründe für derartige regionale Häufungen sind nicht bekannt. Es ist anzunehmen, dass die Täter nach irgendeiner Art Raster immer wieder verschiedene Bereiche abarbeiten."