Taubenzucht: Wie ein bayerischer Banker im Oman Eindruck schindet

Taubenzüchter haben es nicht leicht. Sie gelten als verschrobene Gemeinschaft, die sich in Verschlägen um komisch gurrende und ein bisschen seltsame Tiere kümmert – von ihrem geschätzten Durchschnittsalter von sicher über 75 Jahren ganz zu schweigen.
Doch Klischees sind schließlich dazu da, gebrochen zu werden: Einer, der das in diesem Fall perfekt kann, ist Martin Gangkofner (50) aus Vilsbiburg. Er trägt gern gut sitzende Anzüge, arbeitet in einer Landshuter Bank, ist nicht verschroben, sondern eher das Gegenteil. Er lacht laut, er redet laut, sympathisch laut. Er erzählt – und das mit großer Verve, bevorzugt über seine Sächsischen Kröpfer. Die haben mit der gemeinen, durch die Altstadt herumflatternden Taube wenig zu tun, sind sie doch wertvolle Zuchttiere, die sich durch große und vor allem viele Federn an den Füßen und ein imposantes Blaswerk auszeichnen.
Taubenzüchter Martin Gangkofner besitzt rund 200 Tiere
Genau diese Tauben haben es Gangkofner seit über 40 Jahren angetan, mit neun Jahren hat er seinen ersten Jungvogel beringt. Aus dem einen sind mittlerweile rund 200 Stück geworden, um die er sich bei sich zu Hause kümmert. Jeden Tag mindestens eine Stunde, am Wochenende deutlich mehr. Genau dieses Wissen über die Kröpfer hat ihm mittlerweile den Ruf eines absoluten Experten eingebracht – und das weltweit. Sogar die Omaner wissen Gangkofners Taubenexpertise zu schätzen; und er flog auf deren erneute Einladung im Januar zum zweiten Mal in ihre Hauptstadt Maskat ein, um als Preisrichter dort einen professionellen Blick auf die omanischen, sächsischen und auch anderen Tiere zu werfen.
Denn neben Kamelen, Araber-Pferden und Falken sind die Omaner ganz narrisch auf diese Art von Federvieh. Da wird – 4.900 Kilometer von Vilsbiburg entfernt – genauso leidenschaftlich gezüchtet, teilweise sogar mit Tauben aus Niederbayern. Denn auch der Mann von Martin Gangkofners Mutter, Alfons Hobmeier, war ein bevorzugter Züchter des Kröpfers; die Omaner Tauben sind Erben seiner Tiere aus Niederbayern. Und das Sterbebild des hoch angesehen Züchters hängt jetzt noch bei Nabil al Hadidi, beim omanischen "Bruder" von Martin Gangkofner, "im Gedenken an den großen Züchter aus Niederbayern."
Erfolgrezept Grapefruitkernextrakt wirkt nicht nur bei Tauben, sondern auch bei Kamelen und gegen Migräne
Was dem Vilsbiburger wirklich wichtig ist, sind die Tricks und Kniffe, die seine Tiere mit Hilfe von natürlichen Mitteln gesund halten. Er hält von Antibiotika nur dann etwas, wenn ein Notfall eintritt. Sonst will seine Tauben ohne chemische Zutaten füttern, alles hinterfragen. Dafür schwört er unter anderem auf Grapefruitkernextrakt. Und auf Braunalgen. Mit denen hat er im vergangenen Jahr sogar ein paar omanische Kamele fit gemacht – und zwar so fit, dass sie alles gewannen, sehr zur Freude seines omanischen Freundes, dem die Kamele gehörten.
Und auch heuer kam die Braunalge zum Einsatz, jedoch nicht bei Tauben oder Kamelen, sondern einem befreundeten Juror: Der war so migränegeplagt, dass ihm Gangkofner Braunalge verabreichte. Mit Erfolg übrigens.
Als es ans Taubenbewerten – 250 Stück mussten unter die Lupe genommen werden – ging, bemerkte der Vilsbiburger Züchter, dass im Nahen Osten doch alles anders ist als in Deutschland und Europa. Zwar waren die omanischen Messehallen völlig neu, in ein paar wurden gerade "kitschige Hochzeitsfeste" vorbereitet. Aber in den anderen lieferten Züchter bis nach Mitternacht Tauben, stellten Käfige dazu, improvisierten, mischten Jungtiere und Alttiere. "Das war dann doch eine Herausforderung", erinnert sich Gangkofner. Er platzierte nummerierte Tee- und Kaffeebecher zur Orientierung auf den Käfigen, ging kurz aus der Halle; als er wiederkam, hatten indische Putzkräfte alle Becher weggeräumt und mit Schaufel und Besen alles fein säuberlich gekehrt.
Verständigung im Oman? Taubenenglisch!
Wie sich Gangkofner verständigt hat? Mit normalem Englisch und "Taubenenglisch", das er mittlerweile perfektioniert hat, wie er erzählt. Plaudern konnte er in diesem Englisch zum Beispiel auch mit ein paar Amerikanern, die ihn vergangenes Jahr in Vilsbiburg besucht haben – den "Saxon Powter" mögen nämlich auch die Züchter aus den USA. Gangkofner hat selbstschon Tiere nach Amerika exportiert. Mit nach Hause genommen hat der Vilsbiburger aus dem Oman einen ganzen Rucksack voller Gewürze, Weihrauch und Datteln. Den haben ihm seine Gastgeber am Flughafen vor lauter Dankbarkeit übergeben. "Und wenn’s nach ihnen ginge, müsste ich sofort wieder kommen", erinnert er sich. Doch erst einmal wartet Martin Gangkofner jetzt auf den Besuch aus dem Oman im Dezember, dann gibt es eine große Taubenschau in Leipzig.
Sein Umfeld hat sich mittlerweile an die Kröpfer-Leidenschaft gewöhnt; und es ist dem Banker auch völlig egal, was andere über ihn denken. "Ich mache das, was ich für richtig halte", sagt er mit Nachdruck. Es geht um seinen inneren Frieden, um seinen Ausgleich zum Stress im Berufs-Alltag. Wenn er seine Tauben füttert, mag das durchaus vor einem Burn-Out schützen, von dem er auch noch nie gefährdet war. Sagt er – und fügt noch hinzu, dass er etwas dagegen hat, sich immer nur von Trends leiten zu lassen.
"Die Tauben sind seit jeher mein innerer Pol, meine Ruhe. Wenn ich bei ihnen bin, wird alles gut und ich bin weiter belastbar. Auch, wenn es im Job mal stressig wird." Und wenn andere zum Sport rennen, läuft Gangkofner einfach treppauf, treppab zwischen seinen Ställen hin- und her, mit Futtersäcken bepackt. "Das nenne ich mal ein ganzheitliches Hobby", sagt er - und erzählt noch ein bisschen was über Sächsische Kröpfer. Die bei ihm wohl auch noch länger die Nummer eins bleiben werden.
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