Schuldunfähig erklärt: Angeklagter fuchtelt mit Schere vor Passanten in Erding

Landshut - Es geht doch nichts über gute Kontakte. Wenn etwa Sadig M. seine drei Dschinn benennt, kann er die "Sonne des Sommers" herbeizaubern. "Das funktioniert aber nur im Winter", sagte der 22-jährige Afghane vor dem Landgericht.
Dem psychiatrischen Gutachter Dr. Franz-Xaver Obermeier hatte er zwei Telefonnummern in Pakistan und dem Iran gegeben – falls dieser Zweifel an seinen Angaben habe: Da könne man seine "göttlichen Weihen" bestätigen. Dass er "die Welt in ihre Farben auflösen" könne, wie er es dem Sachverständigen gegenüber noch gesagt hatte, relativierte er vor Gericht allerdings: "So mächtig bin ich auch wieder nicht."
Erding: Angeklagter bedroht Passanten mit Schere
Vorsitzender Richter Ralph Reiter gab zu bedenken, dass es auch gar nicht göttlich sei, auf einer Brücke mit einer Schere herumzufuchteln und dabei "money, money!" zu brüllen, so geschehen vergangenen Juli in Erding. Der Vorfall war Gegenstand des Verfahrens vor der sechsten Strafkammer; im Mittelpunkt stand die Frage, ob der 22-Jährige für unbestimmte Zeit in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht wird. Die Kammer beschied dies nach zwei Verhandlungstagen positiv.
Sadig M. leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Von Richter Reiter auf die Diagnose angesprochen, äußerte M. jedoch Zweifel, "dass das eine Krankheit ist". Sein Name stehe in der zweiten Sure des Korans. Daher habe er schon als Kind gewusst, dass er von "göttlichen Weihen" sei. Fakt ist, dass der zuletzt wohnsitzlose M. am frühen Morgen des 22. Juli zwei junge Passanten mit einer Schere bedrohte und Bargeld forderte.
Laut Antragsschrift der Staatsanwaltschaft fuchtelte er mit der Schere in der Luft herum und machte Stichbewegungen in Richtung der Geschädigten, bis diese flüchteten. Wenig später kehrten sie jedoch mit drei Mann Verstärkung zurück und wollten M. beruhigen.
Vor Gericht: 22-Jähriger Angeklagter sieht sich selbst als Opfer
Dieser begab sich aber hinter den auf der Brücke aufgestellten Bauzaun einer dortigen Baustelle und warf mehrere faustgroße Betonbrocken nach der Clique. Diese alarmierte schließlich die Polizei. M. suchte das Weite. Vor einer Bäckerei bewegte sich M. dann auf einen der jungen Männer, die ihm nachgegangen waren, zu und versuchte, mit der Schere in Richtung Körper und Hals zu stechen. Ein weiterer Mann konnte den Geschädigten rechtzeitig wegziehen. Nach seiner Festnahme versuchte Sadig M. auf der Dienststelle der Polizeiinspektion Erding noch vergeblich, zwei Polizisten zu schlagen, da er mit seiner Durchsuchung nicht einverstanden war.
Damit hatte M. sich unter anderem der versuchten schweren räuberischen Erpressung, der versuchten gefährlichen Körperverletzung sowie des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig gemacht. Vor Gericht sagte der 22-Jährige, er könne sich durchaus an die Ereignisse erinnern, wolle aber keine Angaben zur Sache machen. Später gab er jedoch an, dass man ihm 2000 Euro weggenommen hätte. Die habe er wiederhaben wollen. Zu den Schlägen auf der Polizeiwache meinte er lediglich: "Da kam die Feindheit." Dem Sachverständigen Obermeier zufolge handelte M. bei den Taten aufgrund der krankhaften seelischen Störung im Zustand der Schuldunfähigkeit. Unbehandelt sei mit weiteren Straftaten zu rechnen.
Urteil: Angeklagter handelte aufgrund krankhafter seelischer Störungen
M. sei zwar aufgrund der Behandlung bereits auf dem Weg der Besserung, doch wie die Verhandlung gezeigt habe, seien seine religiös motivierten, paranoiden Wahnideen nach wie vor da. Zudem zeige M. keinerlei Krankheitseinsicht. Obermeier empfahl die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Staatsanwaltschaft und Verteidigung bezogen sich in ihren Plädoyers auf den Sachverständigen und beantragten die Unterbringung. Die Kammer schließlich ordnete diese an. Sadig M. hatte in seinem letzten Wort lediglich darum gebeten, nach Hause zurückzudürfen.
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