Patrick Schmidt (28): Plötzlich Festwirt

Schon bevor Patrick Schmidt auf der Dult die erste Maß ausschenkt, rankt sich ein wildes Gerücht um den 28-Jährigen. Schmidt, der mal Schätz hieß, hat vor zehn Jahren einen anderen Nachnamen angenommen. Um etwas zu verbergen? „Völliger Unsinn“, sagt der angehende Festwirt.
Ingmar Schweder |
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Patrick Schmidt ist der Neue auf der Dult.
cv Patrick Schmidt ist der Neue auf der Dult.

Landshut - Festwirt-Azubi, Lückenbüßer, viel zu jung, eine Blamage mit Ansage: Was hat sich "Zollhaus"-Wirt Patrick Schmidt in den vergangenen Tagen nicht alles anhören müssen. Auch als kürzlich sein Telefon klingelt: Der anonyme Anrufer will Schmidt mit Nachdruck verständlich machen, dass er sich bei einem Arzt ein Attest ausstellen lassen und die Dult absagen soll. "Besser das als eine Grotten-Leistung zu zeigen, die mich vor der ganzen Stadt bloßstellt". Fast wie im Krimi.

"Eine Dult traut mir halt nicht jeder zu. Die Hälfte aller Leute halten mich für wahnsinnig, dass ich das jetzt noch mache. " Hinter vorgehaltener Hand wird auch über einen Vorfall getuschelt, der mittlerweile sieben Jahre zurückliegt: Patrick Schmidt, der mal Schätz hieß, wechselt den Nachnamen. Um etwas zu verbergen? "Nein", sagt Schmidt, der nicht weiß, warum die Information in gewissen Kreisen kursiert. Schon in Taufkirchen sei er unter dem Namen Schmidt geschäftlich aktiv gewesen. Das Zollhaus laufe unter seinem Namen.

Seine Erklärung ist simpel: Schmidts Mutter hat einen Mann, der Schmidts geschätzter Ziehvater wird. "Das ist alles kein Geheimnis. Wir haben eine enge Bindung aufgebaut. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, seinen Namen anzunehmen."


Wie schon vergangenes Jahr war Schmidt wieder einmal aus dem Rennen um das kleine Festzelt ausgeschieden. Der alteingesessene Festwirt Krämmer, der einen Stammplatz auf der Dult hat, bekommt den Zuschlag. Krämmer ist ein bekannter und bewährter Wirt. Das wird bei der Stadt gerne gesehen. Das gibt die nötigen Punkte für eine erfolgreiche Bewerbung. Neuling Schmidt hat diesen Status nicht: "Wie auch: Wenn ich nicht auf die Dult darf, kann ich auch keine Erfahrung sammeln."

Seine Vorbereitungen zur Dult sind mit einer Achtbahnfahrt zu vergleichen - und laufen nach der Zusage der Stadt zunächst parallel zur Klage des Festwirts Christian Krämmer. Erst seit Montag steht fest: Schmidt wird das kleine Festzelt auf der Frühjahrsdult betreiben. Der Eilantrag Krämmers vor dem Verwaltungsgericht Regensburg ist abgelehnt worden. Der Wirt war strafrechtlich verurteilt worden. Die Stadt machte daraufhin einen Rückzieher. Dagegen klagte Krämmer im Eilverfahren. Das Gericht folgte dem Antrag nicht (siehe Artikel unten).

"So musst du ticken, wenn du auf die Dult willst"

Hätte Schmidt das Festzelt wieder weggeben müssen, wäre das zu mindest finanziell kein Beinbruch gewesen. "Ich habe mich gut abgesichert." Geschmerzt hätte es auf andere Weise: Sein Lokal liegt Luftlinie nur 350 Meter vom Festplatz entfernt. Wenn dort im Frühjahr und Spätsommer die Dulten gefeiert werden, die Musik herüberweht, Festwirte zur Höchstform auflaufen und Gäste in Dirndl oder Lederhose auf den Bierbänken tanzen, dann packte "Zollhaus"-Wirt Patrick Schmidt immer im Besonderen der Ehrgeiz. Festwirt sein: Diesen Traum hat der 28-Jährige seit Jahren. "So musst du ticken, wenn du auf die Dult willst."

Sechs Wochen Zeit hat Schmidt für die Vorbereitungen. Nebenbei muss er das Zollhaus am laufen halten. Schmidt liebt seinen Beruf. Er ist Koch. Sein linker Arm ist voll mit Tattoos, die sich zu einem Gesamtbild vereinen. Die Motive? Lebensmittel. Auf den Arm hat er sich Mais, Radi, Äpfel - sogar einen angebissenen - Garnelen, Fleisch, Kräuter und Wassermelonen stechen lassen. Vielleicht kommen als Festwirt bald noch Hendl und Haxn dazu, auch wenn auf Schmidts Speisekarte der Ochs' im Mittelpunkt steht. Über allem thront auf der Schulter ein Totenkopf mit Kochmütze. Darunter kreuzen sich Messer und Kochlöffel, wie Knochen auf einer Piratenflagge.

So gut das Zollhaus auch bisher läuft: Will er am 13. April seinen Festzeltbesuchern eine erste Maß Bier anbieten, muss jetzt jeder Handgriff wirklich sitzen. "Ich kann es mir nicht leisten, noch darüber nachzudenken, dass etwas nicht hinhauen kann." Am 19. März wird bereits das Zelt aufgebaut. Keine Ochsenbraterei, wie ursprünglich geplant. Der Name ist rechtlich geschützt. Er wird als "Festwirt Schmidt" ins Dult-Rennen gehen. Der 28-Jährige möchte sichtbar sein und Dult-Produkte mit Alleinstellungsmerkmalen anbieten - mit Neuerungen wie einer Galerie und einem ausgefeilten Beschallungskonzept. Vieles davon muss er sich leihen. "Dann verdiene ich Anfangs eben weniger oder auch nichts, gewinne dafür aber an Erfahrung." Aus der Not heraus habe er viele Ideen umgesetzt. Die sollen jetzt zur Marke werden.

Als die Stadt ihn fragt, ob er das alles tatsächlich noch hinbekommt, zögert er kaum eine Sekunde. "Sonst hätte ich mir später in den Hintern gebissen." Manchmal muss Schmidts Frau ihn bremsen. Das bekomme sie in vielen Dingen gut hin. "Beim Thema Dult lässt sie mich aber laufen." Wie bei den Planungen, die auf Hochtouren laufen. Von früh bis spät sitzt der 28-Jährige am Laptop und am Telefon, macht bereits abgesagte Verträge wieder wirksam, oder schließt neue ab.

Bedienungen, die im Krämmer-Zelt arbeiten, haben sich gemeldet. Das Bandprogramm steht. Nur mit Topsis, die praktisch Krämmers Aushängeschild sind, kommt er nicht zusammen. "Die hätte ich unglaublich gerne gehabt."

Topsis hält Krämmer die Treue. Dafür holt sich Schmidt die Partyband D'Moosner aus Oberbayern ins Zelt. "Von der Qualität stehen sie Topsis in nichts nach. Sie sind halt ein bisschen jünger", sagt Schmidt. Topsis habe sich für ihn damit erledigt. "Sollte ich künftig regelmäßig auf der Dult sein, wird's kein Topsis mehr im kleinen Festzelt geben." Ein Festwirt muss wissen, auf den er zählen kann.

Beim Stichwort "jünger" bekommt der sonst so ruhig wirkende Wirt Betriebstemperatur: Franz Widmann Junior und Alexander Tremmel hätten gezeigt, dass auch junge Wirte eine gute Dult machen können. "Konkurrenz schafft Alternativen", sagt Schmidt. "Niemand kann sich auf seinem Platz ausruhen. Das kann ein Volksfest nur attraktiver machen." Keiner der jungen Wirte habe die Dult bisher verschlechtert.

Die einzige Angst, die Schmidt jetzt noch hat, ist das Wetter. "Das kann ich nicht mehr beeinflussen." Dafür hoffe er auf viele neugierige Dult-Besucher. "Und das sich die Landshuter unvoreingenommen anschauen, was der Schmidt da auf die Dult gestellt hat."

Das Kochen wird er als Festwirt vermissen. "Nicht den ganzen Tag in der Küche zu sein, das fällt mir schon schwer."

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