Ottfried Fischer im AZ-Interview: Heimatministerium einziger Komödienstadel

Ottfried Fischer ist heimatverbunden. Er sieht den Begriff dennoch kritisch – und glaubt nicht, dass Horst Seehofer daran etwas ändern könnte.
von  Carmen Merckenschlager
Ottfried Fischer: Der 64-jährige Niederbayer ist Schauspieler und Kabarettist.
Ottfried Fischer: Der 64-jährige Niederbayer ist Schauspieler und Kabarettist. © Ursula Düren/dpa

AZ: Herr Fischer, bei den Volkstheatertagen geht es ja vor allem um Heimat. Was bedeutet das für Sie?
OTTFRIED FISCHER: Dahoam ist nicht gleich dahoam. Heimat läuft leider immer Gefahr, etwas süßlich behaftet zu sein. Natürlich ist Heimat da, wo man sich wohl fühlt. Aber oft wird der Begriff leider missbraucht. Gerade dieser Tage ist es so, dass viele versuchen, den Begriff Heimat für sich zu beanspruchen und für ihre politischen Zwecke eigentlich in den Dreck ziehen. Stichwort: AfD.

Glauben Sie, dass es sich hierbei wirklich um Heimatverständnis handelt?
Menschen haben immer Angst, etwas zu verlieren, so was wie Besitz oder eben ihr Daheim. Damit wird gespielt. Dabei geht es uns in Niederbayern so gut wie nie zuvor.

Verwenden Sie den Begriff "Heimat" dann noch unbedarft für sich?
Natürlich. Aber Heimat ist eben ambivalent. Zu oft wird einfach mit der Heimat Schindluder betrieben. Dabei kann das "Dahoam" so viel Kraft geben. Heimatverbundenheit macht viele stark – wie ein Wurzelwerk.

Was kann man dagegen unternehmen?
Da helfen wohl nur kleine Mosaiksteinchen, wie zum Beispiel diese Volkstheatertage. Das Theater ist eine moralische Anstalt mit Verantwortung. Durch solche Events gibt man Künstlern die Chance, dass sie Haltung zeigen und dass sich kritisch und von vielen Seiten mit einem Thema befasst wird.

Ottfired Fischer: Arbeit des Heimatministeriums bedenklich

Aber wir haben ja jetzt ein Heimatministerium. Kann das helfen?
Tja, sowas haben wir jetzt.

Sie klingen nicht sehr begeistert...
Das ist doch ein einziger Komödienstadel. Alles wird angeglichen und soll so aussehen wie bei "Dahoam is dahoam". Das finde ich doch eher ein bisschen bedenklich.

Und wann haben Sie ein gutes Gefühl mit Heimat?
Wenn ich zum Beispiel irgendwo in der Welt draußen jemand Niederbairisch sprechen höre. Das gibt mir ein gutes Gefühl – ein Stück "Dahoam". Ein anderes Gefühl von Heimat hatte ich bei einem Aufenthalt auf den Osterinseln. Ich besuchte einen katholischen Gottesdienst, der natürlich auf Polynesisch abgehalten wurde. Aber ich wusste genau, wann das Vater Unser gebetet wurde, einfach weil die Liturgie stimmte. Das war Heimat in einem ideellen Sinne.

Also ist Heimat nicht ortsgebunden?
Heimat ist auf jeden Fall länderübergreifend und völkerverbindend. Man muss nur diesen freundschaftlichen Charakter mehr betonen.

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