Nach Streit vor Bar: Das Auto als Tatwaffe

Landshut - Zeugen zufolge ist Ibraim H. mit Vollgas angefahren. Das wisse er nicht mehr, sagte der 51-Jährige gestern vor dem Landgericht - "aber ich wollte schon schnell weg."
H. hatte unmittelbar zuvor vor einer Bar in Vilsbiburg einem Bekannten eine Bierflasche auf den Hinterkopf geschlagen. Weil er bei seinem überstürzten Aufbruch mit dem Auto zwei Menschen angefahren und erheblich verletzt hat, muss sich Ibraim H. seit gestern vor der Schwurgerichtskammer unter anderem wegen versuchten Mordes verantworten.
Zu Prozessbeginn räumte er die Tat im Wesentlichen ein, bestritt eine Tötungsabsicht aber nachdrücklich.
Der von Staatsanwältin Sigrid Kolano vertretenen Anklage zufolge hatte der Mazedonier, der seit seiner Kindheit in Vilsbiburg lebt, am 3. Juni 2017 gegen 1.35 Uhr im Bereich des Treppenabgangs der Bar einem Bekannten eine Bierflasche auf den Hinterkopf geschlagen. Der 24-Jährige erlitt eine Schädelprellung sowie eine Gehirnerschütterung.
Anschließend wollte H. mit seinem wenige Meter entfernt geparkten Auto fliehen. Obwohl sich nach dem Vorfall mit der Bierflasche einige Personen um und vor dem Auto aufgehalten hatten, um H. an der Wegfahrt zu hindern, fuhr dieser vorwärts mit Vollgas los. Dabei erfasste H. eine Frau, die neben der linken Frontseite stand, und einen Mann, der sich direkt vor dem Auto befunden hatte. Die Frau prallte auf den Boden und wurde vom Hinterreifen an der Ferse erfasst; sie erlitt einen Kapselriss am Fußgelenk.
Den Mann traf es noch schlimmer: Er wurde mit der Stoßstange erfasst, über die Motorhaube geschleudert und prallte auf den Boden. Er musste mit erheblichen Verletzungen (u. a. Schienbeinkopfbruch) 25 Tage ins Krankenhaus. Laut Anklage wird er dauerhafte Schmerzen etwa beim Treppensteigen haben und aufgrund des schnelleren Verschleißes voraussichtlich zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr ein künstliches Kniegelenk benötigen.
Verteidiger Thomas Krimmel erklärte, sein Mandant bedaure den Schaden, den er angerichtete habe, und wolle die Hauptverhandlung nutzen, um sich bei den Geschädigten zu entschuldigen. Eine Tötungsabsicht habe es aber zu keinem Zeitpunkt gegeben, so Krimmel: Der Alkohol habe bei dem Vorfall eine große Rolle gespielt. Nach seiner Festnahme wurden bei Ibraim H. mehr als 1,6 Promille festgestellt.
H. selbst sagte, er habe nach dem Schlag mit der Bierflasche Panik bekommen und vor dem 24-Jährigen fliehen wollen. Er habe ja nicht gewusst, wie der auf den Schlag hin reagiere: "Der ist fast zwei Meter groß."
Ungeachtet der Tatsache, dass Ibraim H. zwei Menschen angefahren hat, hat er seine Flucht fortgesetzt. Er habe noch in eine Diskothek nach Landshut wollen, sagte er vor Gericht. Die Polizei konnte den 51-Jährigen schließlich auf Höhe Geisenhausen stoppen. Einem am Einsatz beteiligten Polizisten zufolge konnte man deutlich Dellen am Fahrzeug sehen und Abdrücke von Händen. Ibraim H. sei deutlich alkoholisiert gewesen und habe vorgegeben, sich an nichts erinnern zu können.
Der Prozess wird am 27. März fortgesetzt.