Nach Missbrauch an 11-Jährigem: Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt

Landkreis Rottal-Inn - An der Fleisch- und Käsetheke herrschte reger Betrieb. Auch die Obstabteilung war gut besucht - schließlich stand das Wochenende vor der Tür. Die Kinder von Mustafa S. fischten sich gerade Eis aus der Kühlung. Und während der Freund von Noah G. (Name von der Redaktion geändert) nach Batterien suchte, verging sich Mustafa S. im Getränkelager des Supermarkts an Noah G.
Der 47-jährige Iraker, der unmittelbar nach der Tat nach Italien geflohen war, wurde gestern von der Jugendkammer des Landgerichts wegen sexuellem Missbrauch von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.
Unglübige Mienen von den anwesenden Eltern
Dass diese zur Bewährung ausgesetzt wurde, sorgte nicht nur bei den anwesenden Eltern für ungläubige Mienen. "Es war eine krasse Straftat", so Vorsitzender Richter Theo Ziegler in der Urteilsbegründung. Gleichwohl gehe es darum, eine gerechte Strafe zu finden. Und innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens gebe es nun mal viel schlimmere Dinge abzuurteilen.
Bei den Kindern und Jugendlichen der kleinen Gemeinde nordöstlich von Simbach war Mustafa S. als "der Geigenmann" bekannt. Daher hatte sich Noah G. zunächst auch nichts gedacht, als am 30. Juli 2016 im Supermarkt plötzlich "der Geigenmann" vor ihm stand. Mustafa S. räumte zu Prozessbeginn den angeklagten Sachverhalt vollumfänglich ein, wonach er den Jungen an der Hand packte und ihn in ein an den Verkaufsbereich angrenzendes Getränkelager zog. Dort stellte er sich hinter den Jungen, zog dessen Hose nach unten und rieb sein nicht erigiertes Glied am Gesäß des Jungen - etwa zwei Minuten lang. Gestern entschuldigte er sich bei der Mutter von Noah G. Diese konnte damit allerdings nichts anfangen.
Es ging nur noch um die Strafzumessung
Als die Mutter Noah nach seiner Rückkehr aus dem Supermarkt gefragt hatte, warum er so spät heimkomme, hatte er ihr sofort alles berichtet. "Der Papa hat dann ein Messer geholt und wollte zu dem", hört man den Elfjährigen in der Videovernehmung sagen. Aber die Mama habe gesagt, das solle er mal besser bleiben lassen; sie gehe zur Polizei.
Die Verfahrensbeteiligten folgten am Mittwoch den Angaben des Jungen, die durch das Geständnis des Angeklagten gestützt wurden. So ging es lediglich noch um die Strafzumessung.
Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Freiheitsstrafe wegen sexuellen Missbrauchs von zweieinhalb Jahren. Die Verteidigung hingegen hatte aufgrund der Tatsache, dass sein Mandant dem Kind eine Aussage vor Gericht erspart hat, eine Bewährungsstrafe unter zwei Jahren gefordert.
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