Landshuts Büro-WG: Räume zum Arbeiten für Selbständige
Landshut - Thomas, Telefon für dich!", damit scheucht ein Kollege den Architekten Thomas Völkl vom Konferenztisch hoch, an dem er sich gerade niedergelassen hat. Es ist kein Büro im üblichen Sinn, das er und sein Partner Marco Burgmeier sich an der Ecke Alte Bergstraße/Dreifaltigkeitsplatz eingerichtet haben. "Man könnte es Arbeits-WG nennen", sagt Burgmeier. "Bürogemeinschaft" ist ihm zu verstaubt, den neuzeitlichen Begriff "Coworking Space" mag er auch nicht.
"Dudlhofer. Gemeinsam. Kreativ. Arbeiten" steht über dem Eingang im Erdgeschoss des Hauses, in dem es einst eine Diskothek mit diesem Namen gab. Heute teilen sich dort mehrere Selbständige ihre Büroräume.
Als die beiden Architekten ihre bisherigen Geschäftsräume an der Länd in das denkmalgeschützte Gebäude an der Alten Bergstraße 145 verlegten, hatten sie bereits im Sinn, dort Arbeitsplätze an andere Kreative zu vermieten. "Wir haben sehr kurzfristige Mietverträge", sagt Burgmeier. Das mache es für Selbständige leichter, die einfach mal etwas ausprobieren wollen. Schreibtisch und Stuhl sind vorhanden. Bringt jemand noch seinen Laptop und ein Handy mit, kann er gleich loslegen.
Vier von elf Plätzen belegt das Architekturbüro
Derzeit belegt das Architekturbüro selbst vier von den insgesamt elf Arbeitsplätzen. "Es funktioniert gut", sagt Marco Burgmeier. Nur ein Platz sei im Moment unbesetzt. Neben dem Architekturbüro Völkl-Burgmeier gibt es die Firma Transmobility, die unter anderem Bus-Charter und VIP-Transfers organisiert und eine weitere Niederlassung am Flughafen hat.
Die Innenarchitektin Heike Schwarzfischer hat bis vor einem halben Jahr noch zuhause gearbeitet. Sie hat drei Kinder. "Ich kann hier in aller Ruhe arbeiten und auch mal in die Stadt gehen, das ist genau das, was ich wollte", sagt sie.
Sebastian Zele betreibt seine Werbeagentur MamPap nicht nur in Ergolding, wo er auch eine Druckerei hat. Er verbringt täglich ein paar Stunden an seinem Schreibtisch im "Dudlhofer", um sich Konzepte auszudenken. "Ich bin hier nur, um mich mal für kreative Arbeiten zurückzuziehen." Er habe sich selbst "outgesourct", weil sonst alle zehn Minuten jemand mit einer Frage zu ihm komme.
Noch ganz neu im Team ist Andreas Altenburg, der unter dem Label "Zero-one" Software für Apps entwickelt. Darüber hinaus hat sich eine ehemalige leitende Angestellte einen Platz für eine berufliche Auszeit und Neuorientierung eingerichtet. Sie nutzt ihn als Atelier, und ihre Bilder sorgen für einen kreativen Farbtupfer im großräumigen, ansonsten von Sachlichkeit beherrschten Büroraum. "Sie wollte einfach mal raus aus ihrer sonstigen Umgebung", sagt Thomas Völkl über die Kollegin, von der gerade nur ihre Bilder zu sehen sind.
Es besteht trotz alle dem kein Zwang zum Kollektiv
Gegenseitig gibt es auch kreative Anstöße unter den Büro-Kollegen. "Manchmal wirft man auch als neutrale Instanz einen Blick auf ein Konzept oder einen Entwurf", sagt Burgmeier. "Der Austausch ist schon da." Solche Synergieffekte seien ebenso nützlich wie die Möglichkeit zur Weiterempfehlung eines Kunden.
Die Nutzer des Büros pflegen zumeist eine flexible Form von Arbeitszeit; manchmal sieht man auch zur Nachtzeit noch jemanden hinter den Fenstern zur Alten Bergstraße am Computer sitzen. Die Räume liegen zu ebener Erde, und man muss damit rechnen, dass von außen ein neugieriger Blick auf den eigenen Schreibtisch fällt, meint Thomas Völkl, aber "schee is' scho". "Eigentlich ist das Büro meist nur zur Hälfte besetzt", sagt Marco Burgmeier. So tritt man sich gegenseitig nicht auf die Füße. Manche arbeiten nur an zwei Tagen der Woche in diesen Räumen; andere, wie die beiden Architekten, sind oft auswärts bei Terminen. Eher selten treffe es sich, dass alle gemeinsam am großen Tisch im Besprechungszimmer sitzen. "Das haben wir erst einmal zu einer Brotzeit geschafft."
Eine solche Gemeinschaft komme ohnehin nur für eine bestimmte Art von Menschen in Frage. Es herrsche kein Kollektivzwang. Die Mittagspause verbringe jeder nach seiner Fasson, und räume sein Geschirr danach selbst auf. Ohne große Diskussion. Fast wie von selbst sei eine Kultur der gegenseitigen Rücksicht entstanden, wundert sich der Architekt, der zwar keine eigene WG-Erfahrung hat, aber sagt: "Ich war im Internat, da musste man sich das Zimmer mit acht anderen teilen."
Dass die Mitglieder der Arbeits-WG in einer relativ homogenen Altersgruppe zwischen 35 und 45 sind, sei eher Zufall, meint Thomas Völkl. "Wir hätten uns auch eine Durchmischung mit 20- oder 75-Jährigen gewünscht."
Gemeinsame Veranstaltungen mit allen aus der Büro-WG
Bei der Auswahl hatten er und sein Partner bisher ein gutes Händchen. Bislang sei nur einer dabei gewesen, der nicht in diese Gemeinschaft passte. Allerdings sei er auch schnell wieder weg gewesen, weil er die Büromiete nicht gezahlt habe. Für die beiden Architekten, die Eigentümer der Büroräume sind, hat sich die Öffnung nach außen jedenfalls bewährt. Es soll auch einmal eine gemeinsame Veranstaltung mit allen Mitgliedern der Büro-WG geben.
So etwas könnten sich die beiden etwa zum nächsten Tag des Denkmals vorstellen. Im übrigen stellen sie die Räume, einschließlich des Besprechungszimmers, auch weiteren Interessierten zur Verfügung - "wenn jemand etwas Spannendes machen will", wie die Inhaber sagen; etwa eine Lesung, eine Ausstellung oder eine größere Besprechung.
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