Landshut-Niederaichbach: Hier trifft Spaziergänger der Schlag

Stromschläge unter der Stromleitung? In Niederaichbach steigt die Spannung. Ein Gutachten bestätigt nun: Grenzwerte werden teils um das Doppelte überschritten.
Stefanie Wieser |
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Gemeinderat Matthias Oberhofer (l.) und Bürgermeister Josef Klaus demonstrieren die elektrischen Entladungen mit einem Schirm. Was beim Berühren eines Schirms noch als Kitzelei am Finger zu spüren ist, kann laut Gutachten von TÜV-Süd für Träger von Herzschrittmachern gefährlich werden.
Stefanie Wieser Gemeinderat Matthias Oberhofer (l.) und Bürgermeister Josef Klaus demonstrieren die elektrischen Entladungen mit einem Schirm. Was beim Berühren eines Schirms noch als Kitzelei am Finger zu spüren ist, kann laut Gutachten von TÜV-Süd für Träger von Herzschrittmachern gefährlich werden.

Landshut - Gemeinderat Matthias Oberhofer steht unter der 380kV-Leitung Isar-Ottenhofen, die wenige Hundert Meter hinter seinem Haus in Gadham (Niederaichbach) vorbeiläuft. Er spannt einen Schirm auf und tippt mit dem Finger an die Metallstange. Es surrt und bitzelt. "Da haut’s di nauf", sagt er.

Andere Anwohner berichten von kleinen Stromschlägen; erwischt habe es einen Landwirt, der auf dem Getreidefeld bei Erntearbeiten einen Stromschlag abbekommen hat. Deshalb platzte Oberhofer bei einer Gemeinderatssitzung neulich der Kragen. Die Gemeinde ließ sich nicht lange bitten und bestellte ein Gutachten vom TÜV-Süd. So rückte im März Thomas Gritsch, öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger für Elektromagnetische Umweltverträglichkeit (EMVU) von TÜV-Süd, für die entsprechenden Messungen an.

Gadham: Zulässige Grenzwerte über 200 Prozent überschritten

Zwei Stunden lang war der Gutachter an zwei Stellen (Gadham und KKI, Kraftwerksstraße) beschäftigt. Allerdings erklärte der Gutachter auch, dass im Messbereich keine "maßgeblichen Immissionsorte" festzustellen waren – dabei handelt es sich um Bereiche, in denen man sich nicht nur vorübergehend aufhält (Wohnung, eigener Garten).

Im Messbereich könnten die Niederaichbacher allerdings zu Feldarbeiten oder Spaziergängen unterwegs sein. Während die Grenzwerte der elektrischen Feldstärke an der Kraftwerksstraße geringfügig überschritten werden, stellte er in Gadham größere Probleme fest. Dort wird sogar die "zulässige kleinräumige Überschreitung" übertroffen. Im Gutachten heißt es, dass Anhaltspunkte für erhebliche Belästigungen und Funkenentladungen deutlich überschritten werden – "Die von Passanten beobachteten Effekte sind daher plausibel."

Gemessen wurde von der Mitte unter der Leitung auf den betroffenen Feldwegen in beide Richtungen 30 Meter. Vor allem in Richtung Gadham gab es bei der elektrischen Feldstärke schlechte Werte, bis zu 12,93 Kilovolt pro Meter (kV/m). Der Grenzwert liegt bei 5 kV/m. "Kleinräumige Überschreitungen" des Grenzwerts bis zu 100 Prozent wären zulässig, so der Gutachter – die Grenzwerte wurden 2013 neu festgelegt, die Leitungen, die davor gebaut wurden haben Bestandsschutz. An mehreren Stellen liege man jedoch bei über 200 Prozent.

Niederaichbach: Netzbetreiber Tennet wird sich vor Ort zur Lage äußern

Von einigen Niederaichbacher Gremiumsmitgliedern kam der Vorschlag, an besagter Stelle nahe der Stromleitung bei Gadham zumindest ein Warnschild aufzustellen. Neben überschrittenen Grenzwerten kam der Gutachter nämlich zu dem Schluss, dass eine Gefährdung für Träger aktiver kardialer Implantate wie Herzschrittmacher und Defibrillatoren wahrscheinlich sei. Andere Gemeinderäte sahen vor allem den Netzbetreiber Tennet hierbei in der Pflicht.

Die Gemeinde erhielt das Gutachten Ende Mai und gab es schnellstmöglich an Tennet weiter, mit der Aufforderung bis 20. Juni darauf zu reagieren. Tennet hat inzwischen einen Vor-Ort-Termin angeboten. Dieser soll am 9. Juli stattfinden. Bürgermeister Josef Klaus ist gespannt, wie sich Tennet dazu äußern wird. Klaus rechnet damit, dass Tennet sich darauf versteift, dass auf dem Feldweg nicht dauerhaft jemand ist. Dennoch will die Gemeinde nichts unversucht lassen, die Situation für Betroffene zu verbessern. Oberhofer indessen vermutet, dass es noch zahlreiche andere Bereiche im Landkreis gibt, bei denen es ähnliche Situationen gibt.

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